Page 18 - Bau Aktuell - Mai 2020
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 CORONA-SPEZIAL KONJUNKTUR PARTNER RESTART DER WIRTSCHAFT BETRIEBE
   Betriebsvergleiche zeigen Schwachstellen auf
Warum waren die Ergebnisse der Baubetriebe Schleswig-Holsteins in den Boom- jahren vor der Corona-Krise nicht besser?
Die Ausgangslage
Eigentlich sollten die Baubetriebe durch den Fachkräftemangel und den gleichzei- tigen „Bau-Boom“ in den Jahren vor der Corona-Krise gute Gewinne erzielt haben. Die günstigen Kredite sorgten für eine hohe Nachfrage nach Bauleistungen. Durch den Fachkräftemangel war es möglich, aus dieser Nachfrage lukrative Aufträge auszu- wählen.
Fehlkalkulation der Zeitansätze
Verhindert wurden bessere Ergebnisse vor allem durch Fehlkalkulationen. Hier muss unterschieden werden zwischen zu gering kalkulierter Zeit einerseits, die für einen Unternehmer zu jeder Zeit zu einem exis- tenzbedrohenden Ergebnis führen kann, und der Fehlkalkulation aufgrund unge- plant gestiegener Kosten andererseits.
Fehlkalkulation aufgrund von ungeplanten Kosten
Das beste Beispiel für ungeplante Kosten ist die Tariferhöhung des Jahres 2018. Die Be- triebe hatten mehrere Monate Vorlaufzeiten in ihren Auftragsbüchern und hatten für diese Aufträge eine mäßige Lohnerhöhung in Ihre Angebote eingeplant. Das Problem an der hohen Tarifsteigerung war der Zeit- punkt des Einsetzens. Die Aufträge für die nahe Zukunft waren bereits unterzeichnet und konnten nicht mehr angepasst werden. Der ungeplante Teil der Gehaltserhöhung ging voll zu Lasten des Betriebsergebnisses und damit des Eigenkapitals. Ein Aufbau von Reserven für Krisenzeiten war in 2018 des- halb nicht wie erwartet möglich. Vor allem Betriebe, die ihren Gesellen Tarif zahlen und knapp kalkulierte Angebote abgaben, litten stark darunter.
Als Faustformel gilt, dass jeder Euro Tarif- lohn sich mit zwei Euro auf den Stunden- kostensatz auswirkt. Dies liegt einerseits an den Arbeitgeberanteilen zur Sozialversi- cherung und andererseits an den Abwesen- heitszeiten (Urlaub, Krankheit, Feiertage), die mit in den Stundensatz einkalkuliert
werden müssen. Wenn also ein Maurer- geselle auf einen Schlag 2 € mehr Lohn bekommt, muss der Chef seinen Verrech- nungssatz um 4 € erhöhen. Wenn der Chef nun 10 Gesellen und einen festen Vorlauf von drei Monaten hat, sind das: 4 € x 40 Stunden pro Woche x 4 Wochen im Monat x 3 Monate = 19.200 € mehr Kosten, die nicht in Rechnung gestellt werden können und voll vom Betrieb getragen werden müssen. Doch nicht nur die Löhne stiegen stark an. Auch Lieferanten nutzen die gute Konjunk- tur für Preiserhöhungen, so dass die Kos- ten für die Baubetriebe laufend gestiegen sind.
Dieser Kostenanstieg
am Beispiel der Massivbaubetriebe
2010 mussten die Betriebe mit einen kos- tendeckenden Verrechnungssatz von 42,40 € pro Stunde kalkulieren. 2018 mussten die Betriebe bereits mit 48,29 € pro Stunde kal- kulieren, um überhaupt ihre Kosten zu de- cken. Ein Gewinn ist in den genannten Stun- densätzen noch nicht enthalten. Das ist eine Steigerung um 5,89 € (13,9 %) innerhalb von 8 Jahren. Hinzu kommen die gestiegenen Kosten für Material, die der Kunde ebenfalls zahlen muss.
Verhaltensänderung der Kunden
Die mit der Kostenerhöhung einhergehen- de Erhöhung der Kalkulationssätze (Prei- se) führt dazu, dass sich Kunden fragen, ob sie es sich überhaupt leisten können, einen Handwerker zu beschäftigen. Wenn ein An- gebot eines Handwerkbetriebes zu teuer ist, sucht sich der nachfragende Kunde eventu- ell günstigere Alternativen.
Dieses betrifft weniger die großen Betriebe, die entsprechend große Projekte betreuen. Hier haben die Auftraggeber häufig keine Möglichkeiten der Substitution. Anderer- seits stehen Großprojekte von jeher unter einem größeren Preisdruck, da sie in einem deutlich größeren Radius ausgeschrieben werden.
Bei Kleinaufträgen gibt es aber eine Kon- kurrenz außerhalb des Baugewerbes:
 Hausmeisterservice: keine Meisterquali-
tät, aber günstiger,
 Schwarzarbeit: keine Garantie, aber
günstiger,
 Selbst machen: keine Qualität, keine Ga-
rantie, aber günstiger.
Generell werden hohe Preise auch dazu führen, dass die Kunden vermehrt „ver- schieben“ und „den alten Zustand belas-
      BAU AKTUELL 2 2020 / Die Bauwirtschaft im Norden
    Quelle: perfakta







































































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