Page 7 - Bau Aktuell - Mai 2020
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  CORONA-SPEZIAL KONJUNKTUR PARTNER RESTART DER WIRTSCHAFT BETRIEBE
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  Autorin
M.A. phil. Hilke Ohrt Pressesprecherin presse@bau-sh.de
    BAU AKTUELL 2 2020 / Die Bauwirtschaft im Norden
  in unterschiedlichen Szenarien dargestellt und geeignete wirtschaftspolitische Maß- nahmen zur Bewältigung der Krise disku- tiert. Peter Altmaier, Bundesminister für Wirtschaft und Energie, betont hierzu: „Ich danke dem Sachverständigenrat für seine Expertise. Ich werde Ende April 2020 die Frühjahrsprojektion der Bundesregierung vorstellen, um auf Basis der bis dahin ver- fügbaren Informationen eine Einschätzung zur wirtschaftlichen Entwicklung im laufen- den Jahr zu veröffentlichen.“
Drei verschiedene Szenarien der Wirtschaftsweisen
Für die wirtschaftliche Entwicklung in den Jahren 2020 und 2021 beschreibt das Son- dergutachten drei Szenarien. In allen drei Szenarien beendet die Ausbreitung des Co- rona-Virus die sich abzeichnende konjunk- turelle Erholung abrupt, sodass eine Rezes- sion im ersten Halbjahr 2020 in Deutschland nicht zu vermeiden sein wird. Im Basissze- nario, dem wahrscheinlichsten Szenario, normalisiert sich die wirtschaftliche Lage über den Sommer wieder. Das jahresdurch- schnittliche Wachstum des Bruttoinlands- produkts (BIP) würde um 2,8 % zurückge- hen, 2021 könnte das BIP um 3,7 % steigen.
Das erste Risikoszenario käme bei großflä- chigen Produktionsstilllegungen oder län- ger andauernden gesundheitspolitischen Maßnahmen zum Tragen. Das BIP würde um 5,4 % schrumpfen; 2021 könnten Aufho- leffekte dafür sorgen, dass das BIP um 4,9 % wächst. Das zweite Risikoszenario hat die langfristig gravierendsten Folgen. Die ge- sundheitspolitischen Maßnahmen dauern über den Sommer hinaus an und die Politik- maßnahmen reichen womöglich nicht aus, um tiefgreifende Beeinträchtigungen der Wirtschaftsstruktur zu verhindern. Das BIP würde 2020 um 4,5 % zurückgehen, 2021 würde die Wirtschaftsleistung mit 1,0 % nur sehr langsam wachsen. Verschlechterte Fi- nanzierungsbedingungen und eine verfes- tigte Unsicherheit könnten zudem Investi- tionen bremsen und zu Kaufzurückhaltung bei Haushalten führen.
Aus Sicht der Wirtschaftsweisen stehe zu- erst der Schutz der Gesundheit und damit das Ziel, Erkrankte gut zu versorgen und die Ausbreitung des Virus effektiv zu be- grenzen. Dazu sollten dem Gesundheits-
Peter Altmaier, Bundesminister für Wirtschaft und Energie
 system hinreichende finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden und personelle Reserven sowie Notkapazitäten aktiviert werden. Zur Erholung der Wirtschaft nach dem konjunkturellen Einbruch werden fol- gende Empfehlungen gegeben: Erstens solle die Wirtschaftspolitik zunächst vor allem unternehmerische Kapazitäten erhal- ten. Hier begrüßen die Experten die von der Bundesregierung ergriffenen Maßnahmen zur Unterstützung der Liquidität von Unter- nehmen.
Risiken für die Bauwirtschaft schwer abzuschätzen
Zweitens sollten die wirtschaftspolitischen Maßnahmen dazu beitragen, die Einkom- men zu stabilisieren. Damit würden auch Impulse für die gesamtwirtschaftliche Nachfrage gesetzt. Drittens, sollte die Zeit, während der die gesundheitspolitischen Maßnahmen in Kraft sind, bestmöglich genutzt werden, um die Erholung und die langfristige wirtschaftliche Entwicklung zu unterstützen, heißt es in dem Gutachten. Als Beispiele werden Weiterbildungen und Fortschritte bei der Digitalisierung für Un- ternehmen und die öffentliche Verwaltung genannt. Das Gutachten geht explizit auf die Bauwirtschaft ein: „Es könnten diejeni- gen Bauprojekte priorisiert werden, die sich aufgrund aktuell geringerer Auslastung schneller realisieren lassen.“
Die Bauwirtschaft hat als bedeutsamer Wirtschaftszweig innerhalb der deutschen
Volkswirtschaft ein großes Gewicht. Alleine das Bauhauptgewerbe hatte 2018 mit rund 75.000 Unternehmen und 817.000 Beschäf- tigten ein Bauvolumen von ca. 114 Mrd. Euro. Hinzu kommen auch die Leistungen des Ausbaugewerbes. Insgesamt erbringt das Baugewerbe fast fünf Prozent der ge- samten Wertschöpfung in Deutschland, so das Bundeswirtschaftsministerium.
Zurzeit sind die Risiken für die Bauwirt- schaft nur schwer abzuschätzen. Laut ZDB gibt es bereits jetzt deutlich mehr Meldun- gen zur Behinderung der Bautätigkeit. Der Anstieg ist vorrangig auf Folgewirkungen der Corona-Pandemie, wie krankheitsbe- dingte Ausfälle bei Arbeitnehmern und Lie- ferschwierigkeiten von Material, zurückzu- führen. Zudem kommt es zu Verzögerung des Baubeginns, Unterbrechungen und Baustellenschließungen von Bauherrensei- te. Wenngleich das Bauhauptgewerbe aus dem Bauboom heraus und mit vollen Auf- tragsbüchern in die Corona-Krise hineinge- raten ist, wird es zu Bremsspuren kommen (siehe auch Seite 18f), in Relation zu den ge- samtwirtschaftlichen und konjunkturellen Entwicklungen. Denn die Baubetriebe sind abhängig von Bauinvestitionen mit entspre- chenden Bauvolumina über alle Bauberei- che hinweg. Eine weitere Prognose bewer- tet die Bauwirtschaft detaillierter (Seite 20).
           Foto: Pat Scheidemann
Foto: © BPA/Steffen Kugler
















































































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