Page 3 - Bau Aktuell - August 2020
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  Autor
RA Georg Schareck Hauptgeschäftsführer g.schareck@bau-sh.de
    BAU AKTUELL 3 2020 / Die Bauwirtschaft im Norden
 Editorial
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder,
wenn wir jetzt in der Mitte dieses Jahres schon einen Rückblick wagen, wäre es schön, eine Reset-Taste zu haben, weil wir dann das Virus der letzten Monate einfach löschen könnten. So werden wir uns alle mit den Folgen der Pandemie weiter auseinandersetzen müssen. Getreu dem Motto, wenn wir dann später zurückblicken auf Corona, werden wir uns lachend in den Armen liegen und sagen: „Das waren vielleicht verrückte zwölf Jahre!“
Corona zeigt uns vielleicht ein klein wenig auf, dass die Globalisierung ihre Fehler hat, von denen wir intellektuell wussten,
aber um deren dramatische Folgen wir nichts wissen wollten. Und es zeigt uns, dass ein Staat als Gemeinwesen nur funk- tioniert, wenn Politik überzeugend führt und das Führungsbedürfnis dem Willen der Mehrheit entspricht. In diesem Sinne ist Deutschland bis dato ganz gut gefahren. Wir sind gespannt, wie es nun weitergeht. Die hüllenlosen Adepten von Verschwörungs- theorien und leichtsinnig dahingesagten Meinungen beschwören eine Ichbezogen- heit, die für das Gemeinwesen einer Demo- kratie schwierig wird. Zumal es genügend Rattenfänger gibt, die sich das zunutze ma- chen. Wie schon gesagt, in zwölf Jahren...
Darüber hinaus bietet jedoch das Jahr Spannung pur: Für die Bauwirtschaft sind die Rahmenbedingungen der Konjunktur- programme der Bundesregierung und un- serer Landesregierung weichenstellend für die Verstetigung und damit für auskömmli- che Arbeit und Preise auf dem Markt. Hier hat sich Einiges getan – es kommt nunmehr darauf an, die Rahmenbedingungen zu nut- zen und die bereits spürbar nachlassende Auftragsnachfrage wieder anzukurbeln. Da- bei ist jetzt schon absehbar, dass dies nicht auf den Spitzenniveaus der letzten Jahre er- folgt, aber doch so, dass ein „befriedigend“ nach derzeitiger Analyse möglich ist.
Vieles hängt von den Umgebungsvariablen ab, nicht nur coronabedingt, sondern auch für unsere arbeitsintensive Branche von ta- rifvertraglichenRahmenbedingungen.Soist es fast schon unverständlich aus Sicht des Arbeitgeberlagers, dass die IG BAU mit ih- rem für die Bauwirtschaft neu zuständigem Personal beinahe schon klassenkämpferi- sche Parolen auf den Markt bringt. Und das geschieht in einer Zeit, in der es vornehm- lich auf nüchterne Sachverhaltsbetrachtung
und zukunftsorientiertes Zusammenwir- ken ankommt. Wenn die IG BAU weiterhin meint, dass Verhandlungen eher einseitige Diktate ohne Meinungsaustausch und Kom- promissfähigkeit darstellen, spielt sie mit der Zukunft des Flächentarifs und damit zugleich in der weiterhin ausfransenden Handwerks- und Wirtschaftswelt mit ihren Zuständigkeiten. Denn die Flucht in andere, von der IG BAU selbst festgelegte günstige- re Tarife oder gar in die tariffreie Welt hat Gründe, die es wieder einzufangen gilt. Das wird nicht mit überteuerten Lohnforderun- gen und traumtänzerischen Erwartungen zu den Wegekosten gelingen, sondern durch realistische und arbeitsplatzsichernde Rah- menbedingungen in einer sich immer stär- ker digitalisierenden Arbeitswelt.
So landet die deutsche Bauwirtschaft in die- ser von der IG BAU bis dato von Uneinsich- tigkeit und Kompromisslosigkeit geprägten Verhandlungsführung nicht in einem Ergeb- nis aufgrund freier Verhandlungen, sondern erneut in einer Schlichtung. Auf dieses Er- gebnis nach einer bereits vor knapp einem Jahr erfolgten Schlichtung zum Mindest- lohn darf man mit Fug und Recht gespannt sein – zumal im Herbst diese Tarifrunde auch wieder auf der Tagesordnung steht. Wenn die IG BAU so weitermacht, driften wir auf Dauerschlichtungstatbestände zu, die allemal schlechter als freie Verhandlun- gen sind und darüber hinaus die Mandate der tarifvertragsschließenden Parteien als selbstbestimmte Vertragspartner kastrie- ren.
Zu den Rahmenbedingungen zählt aber auch die sich immer weiter verschärfen- de Lage unter dem Stichwort Facharbei- termangel. So konnten aus bundesweiter Sicht die Werkskontingente trotz Corona wieder einen Teil dieser Bedarfe füllen. Andererseits wird genau hierdurch aber auch die Wettbewerbssituation durch aus-
ländische Unternehmen in unserem hei- mischen Baumarkt verschärft. Wir können und müssen die Regelungen zur Bekämp- fung der Schwarzarbeit und zu unerlaubter Handwerksausübung schon im ureigensten Interesse einhalten. Wir appellieren einmal mehr und eindringlich an alle unsere Mit- glieder, entsprechende Verdachtsfälle über ihre Innungen oder direkt an unseren Ver- band zu melden. Nur wenn wir uns selbst dieser Wettbewerbshygiene annehmen, ha- ben wir eine Chance, in den Zeiten, in denen die Baukonjunktur abnehmen wird, diesen Teil des Marktes auch in eigenen Händen zu halten. Informationen hierzu bis hin zu ent- sprechenden mit dem Zoll abgestimmten Formularen finden Sie in unserem Webauf- tritt.
Die Lage ist also insgesamt für unsere hei- mische Bauwirtschaft nicht die schlech- teste! Wenn wir die Rahmenbedingungen jetzt nutzen und daran weiterarbeiten, wer- den wir die baukonjunkturellen Dellen gut überstehen. Hierfür setzen wir uns für Sie als Speerspitze auf der Landesebene und zusammen mit dem ZDB auf Bundesebene tagtäglich ein. Wir machen das!
Bleiben Sie gesund!
Ihr Georg Schareck Hauptgeschäftsführer
            © Pat Scheidemann
















































































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