Page 27 - Bau Aktuell - Februar 2020
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   Redaktion BAU AKTUELL
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  BAU AKTUELL 1 2020 / Baugewerbeverband Schleswig-Holstein
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  Schiedsspruch im Bau-Mindestlohnkonflikt
Der neue Bau-Tarifschlichter, Prof. Dr. Rainer Schlegel, legte im Mindestlohn- Tarifkonflikt des Bauhauptgewerbes nach
mehr als 14-stündigen Verhandlungen ei- nen Vorschlag vor, den die Beisitzer der Ta- rifvertragsparteien mehrheitlich mittragen.
Der Schiedsspruch beinhaltet für eine Lauf- zeit vom 01.02.2020 bis 31.12.2020 folgende Eckdaten:
 Der Mindestlohn 1 wird ab 01.04.2020
um 35 Cent auf 12,55 €,
 der Mindestlohn 2 West wird ab
01.04.2020 um 20 Cent auf 15,40 € und
 der Mindestlohn 2 Berlin wird ab
01.04.2020 um 20 Cent auf 15,25 € erhöht.
Über diesen Schiedsspruch haben die Gre- mien der Sozialpartner bis zum 17.01.2020 entschieden und anschließend die Erstre- ckung der Regelungen auf alle im Bau- hauptgewerbe in Deutschland tätigen Ar- beitgeber und Arbeitnehmer beantragt.
Die Verhandlungsführerin der Arbeitgeber, Dipl.-Kffr. Jutta Beeke, Vizepräsidentin des Hauptverbandes der Deutschen Bauindust-
Uwe Nostitz, Vizepräsident des ZDB, Vorsitzender des sozialpolitischen Ausschusses und Verhandlungsführer Tarifpolitik des ZDB
 rie, erklärt: „Unser Ziel der Schaffung eines einheitlichen und leicht zu kontrollierenden Bau-Mindestlohns wurde nicht erreicht. Der Vorschlag vermeidet aber eine länge- re Mindestlohn-Lücke.“ Der alternierende Verhandlungsführer Dipl.-Ing. Uwe Nostitz, Vizepräsident des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes, sieht kritisch, dass der Knackpunkt der Verhandlungen – die zukünftige Mindestlohn-Struktur – nicht gelöst, sondern nur verschoben wurde. Die Höhe des Mindestlohns spiegle die erwarte-
te Erhöhung wider, bemerkt Kai Boysen aus dem Vorstand des Baugewerbeverbandes Schleswig-Holstein. Der Tarifexperte kriti- siert allerdings, dass der Mindestlohn 2 nicht abgeschafft worden sei. Die Arbeitgeberseite hätte eine Lösung ähnlich der in den neuen Bundesländern begrüßt, da ein einzelner Mindestlohn auch die Kontrollierbarkeit durch die Zollprüfungen vereinfachen würde.
   Fachkräfte aus dem Ausland
Am 1. März 2020 tritt das Fachkräfteein- wanderungsgesetz in Kraft. Unterneh- men und Fachleute erhoffen sich davon neue Chancen für die Fachkräftegewinnung. Das mag auch für viele Branchen zutreffen. Der Baubranche hilft das Gesetz kaum, denn sie braucht vor allem Arbeitnehmer, die das machen, was heimische Arbeitnehmer nicht mehr tun. Und das neue Gesetz bietet Arbeitskräften aus der Baubranche mit be- rufspraktischer Erfahrung, innerhalb derer sie vertiefte Kenntnisse und Fertigkeiten er- worben haben, keine Möglichkeit, einen Auf- enthaltstitel in Deutschland zu bekommen.
Da die Baubranche aber auf Arbeitskräfte aus dem Ausland angewiesen ist, fordert sie die Verlängerung der Westbalkan-Regelung. Ende 2020 soll sie auslaufen. Aktuell werden in Deutschland etwa 50.000 Menschen pro Jahr im Bauhauptgewerbe über diese Rege- lung beschäftigt, überwiegend im Helferbe- reich. Denn trotz des hohen Vergütungsni- veaus - der Bau-Mindestlohn gehört zu den
höchsten in Deutschland - kann die Bau- branche ihren Bedarf an Fach- und anderen Arbeitskräften nicht allein aus dem inländi- schen Arbeitskräfteangebot befriedigen.
Gerade einfache, von heimischen Arbeit- nehmern nicht mehr ausgeübte Tätigkeiten (Stichwort: Eisenbiegen) werden von ange- lernten, aber sehr erfahrenen Arbeitneh-
mern vom Westbalkan ausgeführt. Auf diese überwiegend im Wohnungsbau eingesetzten Arbeitnehmer ist das Baugewerbe dringend angewiesen. Denn rund 90 % des Wohnungs- baus wird in Deutschland von den bauge- werblichen Unternehmen geleistet.
  Quelle: Bernd Sterzl / pixelio.de Quelle: ZDB








































































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