Anmerkungen zum neuen Koalitionsvertrag in Schleswig-Holstein aus Sicht der Bauwirtschaft

Der neue (politische) Koalitionsvertrag lässt Raum, Schleswig-Holstein weiter zu bauen und unseren Betrieben Wegmarken aufzeigen. Unser massiver, begleitender Einsatz bei der Aufstellung der Landtagswahlprogramme der jetzigen Koalitionspartner war richtig. Die Einbringung von unseren Gedanken in die Koalitionsverhandlungen hat hier und da Schlimmstes verhindert und hat dazu beigetragen, für unser Gewerbe und die Bau- und Rohstoffwirtschaft wichtige Impulse zu setzen.

Unter dem Motto „Ideen verbinden – Chancen nutzen Schleswig-Holstein gestalten“ haben die Christlich Demokratische Union Deutschlands, Landesverband Schleswig-Holstein, und Bündnis 90/Die Grünen, Landesverband Schleswig-Holstein am 22. Juni 2022 in Kiel ihren Koalitionsvertrag für die 20. Wahlperiode des Schleswig-Holsteinischen Landtages (2022-2027) vorgestellt. Nach Genehmigung durch die Parteigremien wurde auf dieser Grundlage am 27. Juni Ministerpräsident Daniel Günther im Landtag wiedergewählt und vereidigt sowie die neue schwarz-grüne Landesregierung gebildet.

Der neue (politische) Koalitionsvertrag lässt Raum, Schleswig-Holstein weiter zu bauen und unseren Betrieben Wegmarken aufzeigen. Unser massiver, begleitender Einsatz bei der Aufstellung der Landtagswahlprogramme der jetzigen Koalitionspartner war richtig. Die Einbringung von unseren Gedanken in die Koalitionsverhandlungen hat hier und da Schlimmstes verhindert und hat dazu beigetragen, für unser Gewerbe und die Bau- und Rohstoffwirtschaft wichtige Impulse zu setzen.
Jeder Koalitionsvertrag ist von Absichtserklärungen und Prüfaufträgen durchzogen. Um den „Geist“ des Gestaltungswillens der Regierungspolitik für die kommenden fünf Jahr im echten Norden zu spüren und zu erfassen hilft hier, wie häufig in solchen Vereinbarungen, einen Blick in die Einleitung zu werfen, den großen Zügen der Vereinbarung. 
Zum Schwarz-Grünen Bündnis schreiben die Koalitionäre (in kursiv) u.a.:


(…) Wir wollen Schleswig-Holstein zum ersten klimaneutralen Industrieland machen.
Grüne Energie in die Sektoren Wärme, Industrie und Verkehr zu bringen, wird neben dem Ausbau der Erzeugungskapazitäten und der Reduktion von Emissionen vordringliche Aufgabe der kommenden Jahre, um unsere ambitionierten Klimaziele auch weiterhin gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern zu erreichen.

Wir werden kritisch begleiten, wie sich das z.B. auf die Fuhrparks, Baustellenstrom und etwa die praktische Machbarkeit von Baustellen auswirkt. Die Reduktion von Emissionen kann man mit regionaler Rohstoffgewinnung und der Ausnutzung der Möglichkeiten, die Gewinnungsstätten für die Erzeugung regenerativer Energien bieten, wirkungsvoll unterstützen. Das wird spannend!

Wir haben viel vor in Schleswig-Holstein und werden Planungs- und Genehmigungsverfahren deshalb deutlich beschleunigen.
Das klingt gut, so möge es sein! Uns liegt viel an Vereinfachung!Siehe dazu weiter unten.
(…)
Der Koalitionsvertrag ist nach der Einleitung in 12 weitere Kapitel zu Politikbereichen gegliedert und schließt mit einem Anhang zu „Allgemeine Vereinbarungen“ über die Struktur der Landesregierung und die Zusammenarbeit der Koalition. Viele Themen geraten etwas durcheinander und wiederholen sich teils in unterschiedlichen Kapiteln, das dürfte der geringen zeitlichen Vorgabe für die Endredaktion der Koalitionäre geschuldet sein. Nachstehend heben wir die für die Bauwirtschaft wichtigsten Punkte der 244 Seiten beispielhaft hervor: 

Landesplanung 

Hier geht es ganz wesentlich um konkurrierende Nutzungen der zur Verfügung stehenden Flächen. 
Die Koalition bekennt sich dazu, im Rahmen der Neuaufstellung der Regionalpläne Vorrang und Vorbehaltsgebiete für den Abbau oberflächennaher Rohstoffe festzulegen (Zeile 3085).
Gut! Regionale Rohstoffgewinnung ist praktizierter Klimaschutz! Wir brauchen Rohstoffe!
Die Regionalpläne sieht sie als das Mittel an, Flächeninanspruchnahme grundsätzlich zu reduzieren und Flächeninanspruchnahme neu zu ordnen. Das werden wir kritisch begleiten.
Die Koalition zeigt sich überzeugt: Mit der Aktualisierung und Flexibilisierung des wohnbaulichen Entwicklungsrahmens wird die Errichtung von ausreichend Wohnraum sichergestellt (Zeile 3087). Dies können wir als deutliches Bekenntnis auch zum Neubau werten.
Sie spricht sich dabei für einen sachgerechten Flächeneinsatz aus, auch mit dem Ziel, Wachstumschancen für Unternehmen in unserem Land weiter zu ermöglichen (Zeile 3045).

Planungsbeschleunigung

Die Koalition bekennt sich dazu, Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. In diesem Sinne sollen Antragstellende stets beraten werden, wie die Genehmigungsverfahren gut und zügig umgesetzt werden können (Zeile 3115). Gut! 
Zu Beginn der neuen Legislaturperiode soll geprüft werden, welche Beschleunigungsinstrumente auf Landesebene zur Verfügung stehen (Zeile 3147).
Für die mit Planungs- und Genehmigungsverfahren befassten Behörden wird die Regierungskoalition den notwendigen Mehrbedarf an Personal zur Verfügung stellen, um Engpässe zu vermeiden und Verfahren zu beschleunigen (Zeile 3169). Gut! Hoffen wir, dass mehr Personal hier zum Erfolg führt!


Heimische Rohstoffe und Recyclingstoffe (Zeile 6346)

Für eine regionale Wertschöpfung, Ressourcenschonung und kurze Wegstrecken will die Koalition den heimischen Rohstoffabbau erleichtern (Zeile 6348). Dies gilt insbesondere für Rohstoffe der Bauwirtschaft wie Kies und Holz (Zeile 6349). Hierzu will die Koalition die Regionalplanung anpassen und die Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten für den Abbau oberflächennaher Rohstoffe ermöglichen, um eine ausreichende Vorsorge zu treffen (Zeile 6351).
Die Koalition bekennt sich zu einer ressourcenschonenden Rohstoffverwendung und in diesem Zusammenhang zur Verwendung von Recycling-Baustoffen als fester Bestandteil (Zeile 6352). Das ist ein zukunftsweisender Erfolg! Siehe auch unten „Baustoffe“.

Wohnen (Zeile 2490 ff.)

Die neue Koalition will bezahlbares Wohnen, klimaeffiziente und ressourcenschonende Gebäude sowie effiziente Flächennutzung miteinander verbinden (Zeile 2500 f.) Sie bekennt sich zu dem Ziel, dass mit Unterstützung des Bundes bedarfsgerecht in Schleswig-Holstein jährlich 15.000 Wohnungen entstehen (Zeile 2503). Wohnen soll, egal ob Mietwohnung im Stadtquartier oder das eigene Häuschen auf dem Land, für alle bezahlbar sein (Zeile 2492). Prima! Denn wir bauen Schleswig-Holstein!An diesen Aussagen werden wir die Politik messen!

Baulandfonds (Zeile 2639)

Dem Mangel an Bauland soll begegnet werden, vorrangig durch eine Innenentwicklung in urbanen Bereichen, Innenverdichtung, Flächenrecycling und Mehrgeschossbau. Dafür soll der Mittelansatz für den Baulandfonds deutlich erhöht werden. Die Ausweisung neuer Baugebiete soll ressourcenschonend erfolgen. Das ist insgesamt ein toller Erfolg für die Bauwirtschaft!

Digitales Bauamt/Kompetenzzentrum „Digitales Bauen und Planen“ (Zeile 2687 ff.)

Die Koalition möchte bislang wenig genutzte Potenziale der Digitalisierung im Bau- und Bauplanungswesen heben, um Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, transparenter zu gestalten und zu vereinheitlichen. Dazu soll, zunächst begrenzt auf die neue Legislaturperiode ein Kompetenzzentrum „Digitales Planen und Bauen“ als zentrale Ansprechstelle eingerichtet werden, um Bedarfe von Wirtschaft, Planung und Verwaltung zu bündeln (Zeile 2698). Gut! Es wurde erkannt, wie wichtig Vereinfachung auch für unsere Betriebe ist! Wir werden uns weiter kritisch mit einbringen!

Wärmewende (Zeile 2736 ff.)

Die Koalition spricht sich einerseits für einen nachhaltigen und klimagerechten Neubau und andererseits für energetische Sanierung der Bestandswohnungen aus, um die Klimaschutzziele im Wohnbereich zu erreichen. Beim Dämmen will man sich auf Gebäude konzentrieren, bei denen es am meisten bringt. Das ist so richtig! Das ist konkreter als auf Bundesebene. Und eine Bestätigung unserer langjährigen Arbeit der ARGE e.V. – endlich eine Herangehensweise aus ökonomischer und ökologischer Sicht!

Baustoffe (Zeile 2748 ff.)

Die Regierung möchte den nachhaltigen Bau mit Recycling-Baustoffen unterstützen und sich für Erleichterungen bei der Herstellung und dem Einbau solcher Stoffe einsetzen (Zeile 2753).
Wichtig ist der Regierung die Regionalität der Recyclingbaustoffe (Zeile 2756).
Die Regierung will gemeinsam mit Rohstoffwirtschaft, Bund, Kreisen und Kommunen Konzepte für die Rückgewinnung gebrauchter mineralischer Rohstoffe entwickeln und umsetzen.
Die Koalition will den Baustoff Holz stärker fördern und durch Einsatz in öffentlichen Gebäuden eine Vorreiterrolle einnehmen (Zeile 2760 f.). Dabei soll künftig stärker auf Holz aus heimischen Wäldern gesetzt werden.
Die Recyclingbaustoffquote soll (nach Möglichkeit) weiter erhöht werden (Zeile 2762).
Die neue Regierung will prüfen, ob zum Erreichen der Klimaziele in bestimmten Bereichen die Baustoffmengen bei der Bauausführung teilweise reduziert werden können (Zeile 2765).
Die Koalition formuliert, dass es für den ressourcenschonenden Bau eine neue Ehrlichkeit bei DIN-, Bau-, Schall- und Brandschutzvorschriften braucht (Zeile 2774).
Sie hat erkannt, dass für nachhaltiges, verantwortungsvolles Planen sowie Bauen besonders Rechtssicherheit für alle Beteiligen nötig ist und will dies berücksichtigen (Zeile 2776 ff.) und weitestgehend einheitliche Standards definieren (Zeile 2782).
Das sind allesamt richtig tolle Aussagen! Denn Bauen und Wohnen müssen in Zukunft klimagerecht und bezahlbar sein, dauerhaft und werthaltig – technologieoffen und materialoffen, die Bausubstanz am Ende des Lebenszyklus recycelbar oder anderweitig verwertbar.

Investitionsförderung
Die Koalition will den landesweiten Sanierungsstau bei Sportanlagen und Schwimmstätten weiter abbauen (Zeile 2920). Gut! Hier „drohen“ Aufträge!

Küstenschutz

Küsten- und Hochwasserschutz wird präventiv weiter gestärkt (Zeile 3757).
Die Koalition will den Generalplan Küstenschutz umsetzen und unter anderem Klimadeiche und Klimawarften bauen (Zeile 4690).
Die Koalition weiß: Der Deichbau und der Schutz der sandigen Küsten erfordern - wie andere Baumaßnahmen auch - ausreichendes und geeignetes Material (Zeile 4708).
Sie will neue Sandvorkommen erschließen, ein landesweites Bodenmanagement etablieren und die Voraussetzungen dafür schaffen, dass baufähiger Boden nicht mehr unnötig deponiert werden muss (Zeile 4709ff.).
Und wieder: Wir bauen und erhalten Schleswig-Holstein!

Solarenergie auf dem Dach (Zeile 5267)

Potenziale und Stärken der Solarenergie soll umfassend genutzt werden. Für Neubauten soll dafür im EWKG eine Solarpflicht auf Dächern ab 2025 eingeführt werden (Zeile 5279).
Prima! Die Auftragslage soll hier hoch hinauf!

Straßen- und Schieneninfrastruktur

Für eine Fortschreibung des Landesstraßenprogramms werden in der Legislaturperiode jährlich mindestens 90 Millionen Euro bereitgestellt (Zeile 6717), für Sanierungen von Radwegen weitere 20 Millionen Euro (Zeile 6719).
Gut! Das wird die Auftragslage weiter verbessern!

Darüber hinaus finden sich an verschiedenen Stellen:
Weitere Bekenntnisse zum Wohnungsbau privat wie öffentlich, ein Bekenntnis zur Freiflächen-photovoltaik durch Regelungen vor Ort, durch den verstärkten Ausbau von Windenergie an Land auch durch mehr kleinerer Windparks als bisher sowie ein Bekenntnis zum Schulbau. Generell ein Bekenntnis zum Abbau der Sanierungsstaus bei Landesstraßen, Radwegen und Schieneninfrastruktur. Ein Starkmachen für Aus- und Weiterbau der wichtigen Infrastrukturachsen der B5, A 21 und A7 gegenüber dem Bund, sowie der Neubau der Rader Hochbrücke.
Die beabsichtigte Weiterentwicklung des Hochschulgesetzes (Zeile 1215 ff.) wirft ein Licht darauf, dass (Aus-)Bildung der Menschen für die Gestaltung Schleswig-Holsteins nur mit leistungsfähigen Köpfen und Händen zu schaffen ist. Es bleibt zu hoffen, dass mittels der „Experimentierklausel“ (Zeile 425 ff.) viele Schulen neue Wege der Gestaltung von Schule und Unterricht gehen werden und so die Bauwirtschaft bereits zu einem frühen Zeitpunkt für viele Schülerinnen und Schüler interessant wird. 

Machen! Und wir bauen in Schleswig-Holstein für uns Menschen. Für die Zukunft!

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