Schattenwirtschaft effektiver bekämpfen

BGV SH implementiert neues System zur Bekämpfung von Schwarzarbeit

Schwarzarbeit richtet nicht nur immense Schäden in der Volkswirtschaft an, sie schadet auch den gesetzestreu arbeitenden Betrieben. Der Baugewerbeverband Schleswig-Holstein und die organisierten Innungsbetriebe setzen ab sofort landesweit ein optimiertes Instrument zur Bekämpfung von unerlaubter Handwerksausübung am Bau ein.

Schattenwirtschaft ist ein großes Problem. Nicht nur wird jeder zehnte Euro an Fiskus und Sozialkassen vorbei verdient, sie setzt auch legal arbeitenden Betrieben schwer zu. Bei Schwarzarbeit erhalten Arbeiter keinen Mindestlohn, von dem Tariflohn der Branche ganz zu schweigen. Zudem werden neben Steuern oftmals keine Sozialabgaben entrichtet, wie jüngst ein Fall in Lübeck beispielhaft zeigte. Dort war ein Bauunternehmerehepaar zu Haftstrafen auf Bewährung verurteilt worden; es hatte Sozialversicherungsbeiträge seiner Mitarbeiter hinterzogen.

„Unsere Betriebe, die u.a. die Tariflöhne zahlen, müssen mit Betrieben konkurrieren, die sich nicht an die Spielregeln halten“, sagt Georg Schareck, Hauptgeschäftsführer des Baugewerbeverbandes Schleswig-Holstein.

Und da geht es schnell einmal um mehrere Hunderttausend Euro. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit hat 2017 mehr als 52.000 Arbeitgeber überprüft und fast 108.000 Strafverfahren eingeleitet; insgesamt ist eine Schadenssumme von beinahe einer Milliarde Euro ermittelt worden. Auf Bundesebene hat Finanzminister Olaf Scholz der Schattenwirtschaft dieser Tage den Kampf angesagt. Er will die Zahl der Zollbeamten, die gegen Schwarzarbeit und eine Umgehung des Mindestlohns vorgehen, kräftig aufstocken.

In Schleswig-Holstein sind 2016 durch Finanzkontrollen bei rund 1.220 Arbeitgebern Schäden durch Schwarzarbeit von mehr als 13 Mio. Euro aufgedeckt worden. Vor allem in der boomenden Bauwirtschaft wird der höchste Anteil ausgemacht. Erst im April dieses Jahres hatten Zöllner der Finanzkontrolle Kiel und Lübeck mit einem Großaufgebot Arbeitnehmer auf diversen Baustellen kontrolliert und in 95 Fällen Unregelmäßigkeiten festgestellt – die Unterschreitung des vorgeschriebenen Mindestlohns oder fehlende Arbeitsgenehmigungen bei ausländischen Beschäftigten.

„Bei uns im Land besteht eine gute Zusammenarbeit zwischen Zoll und den nach Landesrecht zuständigen Behörden bei der Schwarzarbeitsbekämpfung. Unsere Innungsbetriebe finden allerdings, dass die Verfolgung von Verstößen gegen das Handwerksrecht durch die örtlichen Ordnungsbehörden auf Grundlage des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes verbessert werden muss“, sagt Schareck.

Der BGV SH will ab sofort eine ergänzende Methode anwenden: das sogenannte „Verbandsmodell Schwarzarbeitsbekämpfung“. Danach werden im Falle handwerksrechtlicher Schwarzarbeit wettbewerbsrechtliche Abmahnverfahren in Zusammenarbeit mit den Handwerkskammern zentral durch den BGV SH eingeleitet und geführt.

Grundlage hierfür ist das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb. Handwerksrechtliche Schwarzarbeit, also die Ausübung oder Bewerbung von wesentlichen Tätigkeiten eines zulassungspflichtigen Handwerks ohne entsprechende Eintragung in die Handwerksrolle, stellt eine unlautere geschäftliche Handlung zu Lasten der Mitbewerber dar. Dieser Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht führt zu Ansprüchen auf Beseitigung des Verstoßes und zukünftige Unterlassung, die vom Baugewerbeverband im Interesse seiner Mitglieder durchgesetzt werden können.

Handwerksrechtliche Schwarzarbeit führt als quasi kleiner Bruder der Strafrechtstatbestände gleichfalls zu deutlichen Wettbewerbsverzerrungen. Bei Tariflöhnen und den Arbeitnehmeransprüchen, die die SOKA-BAU abwickelt. Hier stehen beispielsweise alleine beim Urlaubsgeld rund 16 Prozent der Jahresbruttolohnsumme auf dem Spiel. Und die Arbeitgeber und Arbeitnehmer gucken gegenüber den „bösen Buben“ in die Röhre.

„Mit unserer Aktion unterstützen wir bisherige Aktivitäten zur Bekämpfung der Schwarzarbeit, machen sie aber zusammen mit den Handwerkskammern auf Ebene der Tagesarbeit schneller und zielgenauer. Denn fast jeder Betrieb akquiriert Aufträge auch über Werbung – sei es auf dem Auto, dem Firmen- oder Baustellenschild, im Internet etc. Über falsche Angaben hier können wir nicht nur die Unterlassung falscher Werbung sondern dann auch die entsprechende Tätigkeitsausübung unter Vertragsstrafe und damit auch neben ggf. zusätzlichen Ordnungswidrigkeiten- oder gar Strafverfahren stellen“, kommentiert Schareck das Vorgehen.

Das Verbandsmodell basiert auf dem „Regensburger Modell für fairen Wettbewerb“ der Bauinnung Regensburg. Dort wird es bereits mit großem Erfolg eingesetzt und es ist bei mehr als 20 anderen Innungen und Landesbauverbänden außerhalb Bayerns von Stuttgart bis nach Kiel auf großes Interesse gestoßen und wird bei uns zum ersten Mal in einem Bundesland einheitlich angewendet.

In Schleswig-Holstein verspricht sich der Verband eine offensive Wirkung. „Gleiche Wettbewerbsbedingungen innerhalb des Bauhauptgewerbes sind auch in Zeiten der guten Konjunktur ein absolutes Muss – erst recht dann, wenn wir mit Blick in die Zukunft auch wieder mit Nachfrageengpässen rechnen müssen. Wir gehen davon aus, dass unsere Innungsbetriebe mit offenen Augen zahlreiche Meldungen über unseren dafür eingerichteten „Whatsapp-Kanal“ einreichen werden. Einfacher geht es kaum: Den Fall fotografieren und senden. Den Rest machen wir“, sagt Schareck.

Gleichzeitig appelliert der Verbandschef an Bauherren, sich genau anzuschauen, mit wem sie bauen. Denn bei Beauftragung von Schwarzarbeit geht der Bauherr erhebliche Risiken ein. Insbesondere droht der Verlust jeglicher Mängelansprüche. Aber auch bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen sollte eine stärkere Kontrolle der Tarifeinhaltung erfolgen.

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