Streit um Löhne am Bau: 30 Prozent mehr sind Luxuslohn und kein Tariflohn

Das bedeuten die Forderungen der IG BAU für unsere Betriebe

Kiel. Die erste Schlichtung in der Lohnrunde für das Bauhauptgewerbe hat kein Ergebnis gebracht und wird am Freitag (11.05.) in Berlin fortgesetzt

„Die Forderungen der Arbeitnehmerseite sind sehr weit weg von der Tarifwirklichkeit“, sagt Georg Schareck, Hauptgeschäftsführer des Baugewerbeverbandes Schleswig Holstein. Gerade in unserem Flächenland mit überwiegend kleinen und mittleren Betrieben sind überbordende Forderungen und Belastungen nicht tragbar.

Um welche Forderungen geht es?

Insgesamt liegt ein Forderungspaket von rund 30 % Erhöhung vor. Das setzt sich folgendermaßen zusammen: 6 % Lohnerhöhungen im laufenden Jahr, 20 % Entgelterhöhung durch ein volles neues 13. Monatsgehalt, bezahltes Wegegeld.

Stichwort Lohnerhöhungen

Schon die Differenz zwischen Tariflohn und tatsächlich gezahltem Lohn ist signifikant und beträgt schon gut 2 Euro pro Arbeitsstunde. Wenn der Tariflohn hier den Bogen weiter überspannt, besteht die Gefahr, dass Tarifverträge am Ende ins Leere laufen.

Grundsätzlich sollte ferner der Grundsatz "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" gelten. Daher war hier schon 2003 wegen wettbewerbsverzerrender Ungleichbehandlung zur Konkurrenz, 2007 eine streikbeendende Vereinbarung getroffen worden, nach die Löhne und Gehälter konkurrierender Bereiche, die von der gleichen Gewerkschaft ausgehandelt werden, nicht abgekoppelt werden dürfen.

Mit dem jetzigen Forderungspaket will die Gewerkschaft einen Luxuslohn aushandeln, der weder wettbewerbsfähig sein wird, noch der ratio legis von Tarifverträgen entspricht, Mindestbedingungen für Arbeitsverhältnisse auszuarbeiten, die auch von den schwächeren Teilen einer Tarifgemeinschaft erfüllt werden können. Geschweige denn, dass vorstellbar ist, dass bei den konkurrierenden Gewerken wie Dach, Maler GaLa-Bau, Tischler etc. zur Lohnangleichung noch etwas on top kommen kann.

Stichwort 13. Monatsgehalt

Seit 2003 gibt es den Tarifvertrag zum 13. Monatsgehalt in neun Landesverbänden, darunter Schleswig-Holstein, nicht mehr; er war von der IG BAU gekündigt worden. Er war in Schleswig-Holstein, wie in Bremen, Hessen und Niedersachsen auch, nicht wieder in Kraft gesetzt worden. Es geht bei den Forderungen daher nicht um eine Aufstockung des 13. Monatsgehalts, sondern um eine Wiedereinführung. Das hätte in Schleswig-Holstein einen hohen prozentualen Zuschlag (rd. 20% +) als Ergebnis und würde die Betriebe zusätzlich zur Entgeltanhebung belasten.

Wie sieht die Wirklichkeit in den Betrieben aus?

Trotz der guten Baukonjunktur ist der Spielraum besonders für die klein- und mittelständischen Betriebe (mehr als 95 Prozent aller Bauunternehmen) in Schleswig-Holstein sehr eng. Die statistische Umsatzzahl sagt relativ wenig über die tatsächliche Gewinnentwicklung aus. Und daraus müssen letztlich ja auch die Löhne und Gehälter gezahlt werden.

Der durchschnittlich gezahlte Stundenlohn für Gesellen und Helfer im Massivbau ist beispielsweise in acht Jahren um 21,8 % gestiegen. Im gleichen Zeitraum ist der betriebswirtschaftliche Gewinn des Bauhandwerks von 3,9 % des Umsatzes auf 4,6 % gestiegen ( +17,9 %). (Die Zahlenangaben stammen von perfakta.SH e. V. - Handwerk in Zahlen).

Nun senkt jedes tarifliche Prozent die Umsatzrendite in einer arbeitskostenintensiven Branche um rund einen halben Prozentpunkt. Das mindert die Liquidität und Aktionsmöglichkeiten am immer noch hart umkämpften Markt weiter und würde die ohnehin schwachen Zahlen für zusätzliche neue Arbeitsplätze der tariftreuen Betriebe weiter gegen Null laufen lassen. Das ist weder in unserem Interesse, noch sollte das eine Entwicklung sein, die die IG Bau fördert.

Wieso treten die Tarifparteien auf der Stelle?

Die Arbeitgeber sind einen großen Schritt auf die Gewerkschaft zugegangen und haben eine Erhöhung der Löhne und Gehälter für die rund 800.000 Beschäftigten um 4,2 % sowie eine Einmalzahlung von 400 Euro bei einer Laufzeit von 22 Monaten vorgeschlagen. Darüber hinaus haben sie eine überproportionale Anhebung der Lehrlingsvergütung im 1. Lehrjahr angeboten, um beispielsweise eine Unterstützung für Fahrtkosten und Unterbringungskosten der Berufsschule zu bieten.

Zu den 4,2 % haben die Arbeitgeber eine weitere Quote zur Angleichung der Ost-Löhne angeboten, so dass am Ende die Forderung nach 6 % mehr Geld erfüllt werden kann. Die Einführung eines neuen 13. Monatsgehalts hat der Baugewerbeverband Schleswig-Holstein als Arbeitgeberverband für seinen Zuständigkeitsbereich aus vorgenannten Gründen abgelehnt.

Die IG Bau hat den Vorschlag insgesamt und grundsätzlich als unzumutbar abgelehnt. Sie will offenbar auch deutlich besser als in anderen Branchen abschließen – die Frage ist nur: Für wen?! Die Schlichtung im Bauhauptgewerbe wird am 11. Mai 2018 in Berlin fortgesetzt.

Was heißt das für Schleswig-Holstein?

„Wir können nur hoffen, dass in den nächsten Gesprächsrunden innerhalb der Schlichtung wirtschaftlicher Sachverstand das Wunschdenken zurückdrängt und eine Lösung innerhalb der Friedenspflicht ermöglicht wird. Zu hohe Forderungen und Belastungen müssen wir allerdings zurückweisen, um für unsere Betriebe und ihre Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen nachteilige Entwicklungen zu vermeiden“, sagt Verhandlungsführer Kai Boysen, der Vertreter für die Tarifpolitik im Baugewerbeverband Schleswig-Holstein. Denn Tarifverträge stellen am Ende Mindestarbeitsbedingungen dar und dürfen nicht die hausgemachte Konkurrenz durch die Gewerkschaft aus den Augen verlieren.“

 

Download der Pressemitteilung als PDF