„Wir machen das!“

Der Baugewerbeverband Schleswig-Holstein präsentiert sich streitbar beim SH-Bauwirtschaftstag

Der Bauwirtschaftstag des Baugewerbeverbandes Schleswig-Holstein ist in diesem Jahr erneut im Hotel Atlantic Kiel veranstaltet worden. Am 9. Juli um 14 Uhr kamen Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Medien zu der gut besuchten Veranstaltung zusammen und fanden sich später auf der Dachterrasse zu angeregten Gesprächen ein. Besonderer Gast der Nachmittagsveranstaltung war Dr. Ingrid Nestle, Staatssekretärin im Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, die im Anschluss an den Vorstandsvorsitzenden Thorsten Freiberg sprach und der Bauwirtschaft zu brennenden Fragen Rede und Antwort stand. Die Staatsekretärin war in Vertretung von Finanzministerin Monika Heinold gekommen und gab einen positiven Blick in die Zukunft.

In seiner Begrüßungsrede hat der Vorstandvorsitzende des Baugewerbeverbandes Schleswig-Holstein, Dipl.-Ing. Thorsten Freiberg, ein Plädoyer für höhere Investitionen in Infrastruktur, Wohnungsbau und -sanierung gehalten. Mit seinem Grundtenor „Wir machen das!“ betonte Freiberg zugleich die starke Rolle des Verbandes und seiner Mitglieder in den Innungen des Landes, die zu den umsatzstärksten Branchen im Produktivsektor gehören. Wie ein roter Faden zogen sich die Forderungen der Bauwirtschaft nach einer wachstums- und investitionsfördernden Landespolitik durch die Rede, die die Wirtschafts- und Finanzpolitik streckenweise scharf kritisierte.

Unter anderem bezog sich Freiberg auf die Berechnungen des Landesrechnungshofes, wonach die Bauinvestitionsquote im Land Schleswig-Holstein in knapp 10 Jahren von 14 % auf mittlerweile nur noch 4,6 % gesunken sei. Sie werde damit dem Anspruch des Koalitionsvertrages nicht gerecht, die infrastrukturellen Investitionen für die Drehscheibe Nord im Ostseeraum in Schleswig-Holstein zu tätigen und zu planen und vernichte diese durch unzureichende Investitionen auch in öffentliche Gebäude. Damit lasse sie das Volksvermögen verfallen.

„Es erfüllt uns mit großer Sorge, dass bei einer sinkenden Investitionsquote die Ausgaben steigen und nicht ausreichend in Bau- und vor allem auch Straßenbaumaßnahmen investiert wird“, so Freiberg. Er plädierte für deutlich höhere Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur ebenso wie für Planungssicherheit und eine vernünftige Abwägung von wirtschaftlichen Belangen in den Genehmigungsverfahren.

„Nach dem Straßenzustandsbericht von Verkehrsminister Meyer haben wir im Land bereits einen Investitionsstau von 10 Milliarden Euro ­– mit steigender Tendenz. Und das Land investiert 135 Mio. Euro pro 10 Jahre, wobei der Erhaltungsbedarf mit 280 Mio. Euro in den letzten Jahren bewusst unterdeckt wurde.“

Auch Dr. Nestle ging in ihrer Ansprache auf den desolaten Zustand der Straßen in Schleswig-Holstein ein: „Schäden sind mittlerweile unübersehbar: Schlaglöcher auf den Straßen, marode Brücken, bei Sturm gefährdete Hochschulgebäude. Das ist die Fol­­ge einer über Jahrzehnte fehlgeleiteten Politik: Es wurde zwar an vielen Stellen neu gebaut, aber in den Erhalt unserer Infrastruktur wurde viel zu wenig investiert. Wir müssen weg von der Debatte um eine abstrakte Quote und uns künftig daran messen lassen, ob es tatsächlich gelungen ist, den Zustand unserer Infrastruktur zu verbessern.“

Bundespolitisch äußerte sich der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbe (ZDB), Dr.-Ing. Hans-Hartwig Loewenstein, im Rahmen der Veranstaltung in ähnlicher Weise: „Nach übereinstimmender Auffassung aller Experten brauchen wir rund 14 bis 15 Mrd. Euro jährlich, um die Investitionen in die Infrastruktur des Bundes zu finanzieren. Angesichts eines Haushaltsvolumens von rund 300 Mrd. Euro ist nicht zu verstehen, dass die verantwortlichen Politiker nicht willens oder in der Lage sind, diese Mittel im Bundeshaushalt tatsächlich bereitzustellen." Eine klare Meinung haben Freiberg und seine Vorstandskollegen auch zum Ablauf von Planungsvorhaben, die deutlich beschleunigt werden müssten.

Eine deutliche Absage erteilten der Baugewerbeverband Schleswig-Holstein und der ZDB der Finanzierung der Infrastruktur durch vermehrte ÖPP-Projekte. Sie befürworteten einhellig eine Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur aus Haushaltsmitteln. Denn ÖPP-Modelle könnten aufgrund ihrer Größe nur von wenigen, größtenteils internationalen Konzernen umgesetzt werden und das gehe zu Lasten heimischer Betriebe und derer Beschäftigten, die in Deutschland Steuern und Abgaben bezahlten.

In der Kontinuität seiner Arbeit dringt der Baugewerbeverband weiter darauf, dass die energetische Gebäudesanierung stark vorangetrieben wird. So sei die Energiewende umzusetzen und gleichzeitig würden Arbeitsplätze geschaffen werden. „Die lineare Abschreibung muss von derzeit zwei Prozent auf vier Prozent erhöht werden und die Länder dürfen die Grunderwerbsteuer nicht weiter erhöhen, sondern müssten diese, besonders für den Wohnungsbau, wieder senken“, so Dr. Loewenstein. Auch Freiberg kritisierte die schleswig-holsteinische Landeregierung ob ihrer mangelhaften Unterstützung bei den Anregungen des BGV zur Absetzung energetischer Sanierungsmaßnahmen bei der Steuer: „Es müssen eindeutige Investitionsanreize geschaffen werden.“ Freiberg richtete jedoch nicht nur Forderungen an die Landesregierung, sondern sagte ihr in dieser Sache auch die Unterstützung des Verbandes zu.

Dr. Nestle betonte in ihrer Rede erneut die herausragende Bedeutung der Gebäudesanierung für die Energiewende und machte sich für die Arbeit in ihrem Ressort stark: „Energetische Sanierung ist einer der Schwerpunkte dieser Landesregierung. Sie fördert regionale Wertschöpfung und ist entscheidend für die Energiewende.“

Neben der politischen Interessensvertretung ist für den Baugewerbeverband Schleswig-Holstein mit Blick in eine erfolgreiche Zukunft der Mitgliedunternehmen das digitale Marketing wichtiger denn je. Beim Branchenkompass wurden im Rahmen des S-H Bauwirtschaftstages digitale Möglichkeiten für Betriebe der Baubranche aufgezeigt. An das Kurzseminar „Die ganze Welt des Marketing online“ schlossen sich zwei Vorträge an:

Hans-Jörg Raphael, Geschäftsführer der raphael gmbh e-business & kommunikation, Dortmund, stellte die neue Website des BGV SH vor. Sie gilt als einer der modernsten Webauftritte der Branche und bietet der breiten Zielgruppe aus Mitgliedern, Bauherren, Auszu­bildenden, jungen Bauunternehmern sowie Presse und Öffentlichkeit einen echten Mehrwert. Kernelemente sind die google-optimierte Betriebssuche, intuitive Steuerungselemente für Mitgliedervorteile, Kundenbewertungssysteme sowie die Einbindung in weitere Netzwerke wie das Meisterhaftsystem der deutschen Bauwirtschaft.

Im Anschluss präsentierte das Innungsmitglied, der Zimmerer Daniel Schilloks, die von ihm entwickelte neue zeitwert App, die Betrieben helfen soll, Zeit und Kosten zu sparen. Sie erfasst Stunden, Tagesberichte, Kundenmeinungen, Jahresberichte und weitere Aufgaben in einem übersichtlichen Programm.

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