Page 26 - Bau Aktuell - Mai 2021
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 ROHSTOFFE-SPEZIAL WIRTSCHAFT PARTNER LANDESPOLITIK FACHBEREICH + BETRIEBE
 Gastbeitrag
Autor
Klaus Decker
Industrie-Pensions-Verein e.V.
    Betriebsrente: Handlungsbedarf für jeden Arbeitgeber
Betriebliche Altersvorsorge als ein Instrument des Mitarbeiterbrandings und -recruitings
Seit dem 1. Januar 2019 ist die Stufe 2 des Betriebsrentenstärkungsgesetzes (BRSG) in Kraft: Arbeitgeber müssen nun bei Neuabschlüssen in der betrieblichen Al- tersversorgung (bAV) verpflichtend einen Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwand- lung des Mitarbeiters bezahlen. Was auf dem Papier eindeutig aussieht, wirft in der Praxis jedoch oft Fragen auf. Der Industrie- Pensions-Verein e. V. (IPV) als Partner des Bundesverbandes der Deutschen Industrie e. V. und der Bundesvereinigung der Deut- schen Arbeitgeberverbände (BDA) stellt die – auch für das Baugewerbe wichtigen – Neuerungen kurz vor und will neben den Arbeitgeberpflichten auch die Vorteile auf- zeigen. Die bAV sollte, insbesondere in Zei- ten des Fachkräftemangels, als Instrument der Mitarbeiterbindung genutzt werden.
Änderungen durch das BRSG im Überblick
1. Erhöhung des steuerlichen Förderrah- mens
Zunächst hat der Gesetzgeber die steu- erliche Förderung nach § 3 Nr. 63 EStG von 4 auf 8 % der Beitragsbemessungs- grenze (BBG) West der Deutschen Ren- tenversicherung erhöht (bezogen auf 2021: 6.816 EUR). Leider fehlt eine pa- rallele sozialversicherungsrechtliche Flankierung, lediglich 4 % der BBG sind weiterhin abgabenfrei.
2. Zuschusspflicht des Arbeitgebers
Auf die Entgeltumwandlung des Mit- arbeiters in den Durchführungswegen Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds muss der Arbeitgeber seit dem 01.01.2019 einen Zuschuss von 15 % leisten, soweit er durch die Umwandlung Sozialversicherungsbeiträge einspart. Die Zuschusspflicht gilt für neue Ent- geltumwandlungsvereinbarungen und ab dem 01.01.2022 für alle bestehenden Entgeltumwandlungszusagen (Zusagen die vor 2019 erteilt worden sind).
3. § 100 EStG – bAV-Förderbeitrag
Bei Geringverdienern erhalten Arbeit- geber neue Anreize, eine arbeitgeberfi- nanzierte bAV anzubieten. Arbeitgeber, die zusätzlich zum vereinbarten Gehalt mindestens 240 EUR und maximal 960 EUR im Jahr in eine Direktversicherung, Pensionskasse oder einen Pensions-
fonds einzahlen, erhalten hiervon 30 Pro- zent (max. 288 EUR p. a.) über die Lohn- steuer zurück. Voraussetzung ist, dass das laufende Gehalt der begünstigten Arbeitnehmer 2.575 EUR im Monat der Beitragszahlung nicht übersteigt, unab- hängig vom Grad der Beschäftigung.
Besonderheiten zur bAV im Baugewerbe
Im Baugewerbe gelten besondere Bedin- gungen zur betrieblichen Altersversorgung, die in Tarifverträgen festgelegt sind:
- Tarifvertrag über eine zusätzliche Alters- versorgung im Baugewerbe
Es handelt sich dabei um eine Pflichtver- sorgung im Baugewerbe, die ausschließ- lich vom Arbeitgeber finanziert wird. Im Jahr 2016 wurde die Pflichtversorgung reformiert. Der Tarifvertrag ist allge- meinverbindlich. Versorgungsträger ist die SOKA-BAU. Ansprüche auf Alters- Hinterbliebenen- und Invalidenrente sind von Beginn an unverfallbar.
- Tarifvertrag über Zusatzrente (TV TZR)
Hierbei handelt es sich um eine freiwillige, mischfinanzierte Versorgung, die durch eine Entgeltumwandlung des Arbeitneh- mers bzw. Auszubildenden ausgelöst wird. Wandelt der Mitarbeiter 9,20 EUR um, so gewährt der Arbeitgeber einen Zu- schuss von 30,68 EUR. Der Arbeitnehmer kann auch höhere Entgeltbestandteile umwandeln. Der Versorgungsträger kann frei vereinbart werden. Versorgungsleis- tungen sind auch hier sofort unverfallbar.
BRSG-Umsetzung mit Versorgungsordnung
Unabhängig von der Betriebsgröße hat jeder Arbeitnehmer ein Recht auf eine ergänzende betriebliche Altersversorgung im Rahmen der Entgeltumwandlung. Um mit steigender Mit- arbeiterzahl oder bei zunehmender Fluktua- tion keinen Anbieter-Wildwuchs zu erzeugen oder gar Haftungsrisiken einzugehen, emp- fehlen wir, die gesetzlichen Rahmenbedin- gungen sowie die wesentlichen betrieblichen Spielregeln im Umgang mit der bAV (z.B. Festlegen eines Anbieters) durch eine kollek- tive Versorgungsordnung einzuführen. Denn eine betriebliche Altersversorgung entfaltet immer arbeitsrechtliche Wirkung und sollte
mit Sorgfalt verschriftlicht werden. Neben den gesetzlichen Vorgaben (z. B. Pflichtzuschuss) ist stets der Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten. Darüber hinaus treffen den Arbeit- geber Informationspflichten.
Die Versorgungsordnung hat zahlreiche Vorteile für den Arbeitgeber. Sie vereinheit- licht, schafft Rechtsklarheit und begrenzt die Haftung des Arbeitgebers durch zahlreiche Informationen. Das bringt auch eine Entlas- tung der Personalabteilung und die Vereinfa- chung der Lohnbuchhaltung mit sich.
Klärungsbedarf besteht u.a. regelmäßig zu folgenden Fragen:
- Sollen für Entgeltumwandlungen jenseits
der 4 % BBG oder auch für vermögens- wirksamen Leistungen Zuschüsse ge- zahlt werden?
- Wie soll mit bestehenden Entgeltumwand- lungen oder mit vom Arbeitnehmer „mitge- brachten“ Verträgen umgegangen werden?
- Soll der Zuschuss in pauschaler Höhe oder abhängig von der tatsächlichen Sozialver- sicherungsersparnis gezahlt werden?
Schließlich sind Arbeitgeber auch gut bera- ten, bereits in der Vergangenheit gewährte Zuschüsse überprüfen zu lassen und BRSG- konform auszugestalten.
Arbeitgeber sollten sich nicht scheuen, einen zusätzlichen Beitrag in Form eines weiteren bzw. höheren Zuschusses an Arbeitnehmer zu leisten. Sie fördern damit jene verantwor- tungsvollen Arbeitnehmer, die sich durch Entgeltumwandlung bereits jetzt um Ihre Altersversorgung bemühen. Auch kann der Leistungsbaustein bAV als Instrument zur Mitarbeiterbindung dienen. Beispielsweise können Arbeitgeber in ihrer Versorgungs- ordnung eine nach Betriebszugehörigkeit gestaffelte Zuschussregelung oder eine rein arbeitgeberfinanzierte bAV einbinden.
C Informationen zum Online-Vortrag fin- den Sie auf Seite 31
        BAU AKTUELL 2 2021 / Die Bauwirtschaft im Norden
     






























































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