Ersetzt digitales Bauen den Handwerker vor Ort?

BGV SH zeigt live und im Web „digitale Werkzeuge“ für Baubetriebe auf der NordBau

Digitalisierung ist ein Megatrend und wird zu rasanten Veränderungen unserer Lebens-, Arbeits- und Produktionswelten führen. Auch vor der Baubranche macht sie nicht halt und Digitalisierung verändert das Bauen bereits tiefgreifend. In einem Szenario werden künftig alle an Planung, Bau und Betrieb eines Gebäudes oder eines Straßenbauprojektes beteiligten Unternehmen und Einrichtungen an einem gemeinsamen Datenmodell arbeiten.

„Von der Auftragsvergabe über die Planung und die Baustelle bis zur langfristigen Verwaltung eines fertiggestellten Bauwerks wird der Bauprozess zukünftig digital unterstützt. In manchen Fällen sogar überwiegend organisiert“, kündigt Thomas Puls, Vorstandsmitglied des Baugewerbeverbandes Schleswig- Holstein (BGV SH) an. Neben einem gewissen Mitmachdruck ist aber entscheidend, dass damit in der Bauwirtschaft vor allem die Qualität und die Wirtschaftlichkeit des Bauens weiter vorangetrieben werden.

Mittel der Wahl ist u.a. die Methode BIM (‚Building Information Modeling’ Bauwerksdatenmodellierung). „Die Baubranche in Deutschland ist hochgradig arbeitsteilig organisiert. Und so bietet BIM auch den Vorteil, dass die Planungen der beteiligten Gewerke präziser aufeinander abgestimmt und Kosten exakter kalkuliert werden können“, sagt Puls. Ziel wäre es, in der Zukunft die Kosten- und Planungssicherheit für den Bauherren und Bauunternehmen zu optimieren und Lebenszyklen und Nachhaltigkeitsaspekte von Gebäuden und Infrastruktur planbar zu machen.

Hierfür sind nicht nur Schnittstellen aller Akteure, sondern auch Fachwissen und eine gemeinsame  Richtung wichtig. BIM ist dabei als eines von vielen Werkzeugen zu betrachten. Und nicht monolithisch, sondern mit Stufen und variablen Einsatzmöglichkeiten anzusehen. Nur so können der Vielzahl von Betrieben, Bauleistungen und Interessen Rechnung getragen werden. Die Umsetzung ist letztlich immer eine unternehmerische Entscheidung.

Der BGV SH erstellt derzeit einen virtuellen Baukasten, auf den Mitglieder im Internet zugreifen können. Quasi als Informationsbörse zu verschiedenen Methoden und Einsatzmöglichkeiten. Er wird sukzessive mit Inhalten zu Themen wie Checklisten, Weiterbildung, Finanzierung, Logistik, Beschaffung, Produktion/Bauausführung, Marketing/Vertrieb gefüllt. So gibt es zu Building Information Modeling bereits viele Informationen und einen Leitfaden des Verbandes für Baubetriebe.

Auf der NordBau informiert der Verband ebenfalls hierzu. Außerdem wird das 3D-Laserscanning als ein Element im Baukasten live im Einsatz gezeigt. Der Leiter des Holzbauzentrums HBZ* Erik Preuß stellt es gemeinsam mit dem BIM-Experten Prof. Hans-Georg Oltmanns, BIM-Consult GmbH, und Kollegen der DhochN Digital Engineering GmbH vor (Halle 5, Stand 5222).

Dabei werden als 3D-Aufnahme nach Bedarf einige oder alle Komponenten eines Bauwerks erfasst und können ohne Informationsverlust direkt in die weitere Planung am PC einfließen. Das System bietet u.a. Schnittstellen für die Bauüberwachung und die Kalkulation. „Durch dieses Verfahren ergeben sich völlig neue Möglichkeiten der Datennutzung und Modellierung, aber auch mit Blick auf interne und kalkulatorische Kosten. Das ist besonders für das Bauen im Bestand interessant“, sagt Preuß.

Die digitalen Möglichkeiten können, richtig eingesetzt, Kosten sparen und Prozesse unterstützen. Aber am Ende sind sie, wie immer bei digitalen Prozessen, nur so gut, wie die User sie auch anwenden. Sie sind im Wortsinne Werkzeuge. Deshalb werden sie weder den Bauleiter noch den Bauarbeiter auf der Baustelle ersetzen. Handwerker werden auch weiterhin für ihre Bauherren vor Ort sein.

Für Fachkräfte auf dem Bau wandelt sich das Berufsbild dementsprechend immer mehr, sodass Bauen heute immer stärker Hightech bedeutet. Zu den Bauberufen und ihren Zukunftsperspektiven gibt der Verband ausführliche Informationen auf der Messe.

Eine weitere Arbeitserleichterung und Beschleunigung der Prozesse bringt die digitale Vergabe von Aufträgen. Die elektronische Vergabe wird für alle öffentlichen Auftraggeber in Europa zur Pflicht. Zahlreiche Kommunen, aber auch der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein (LBV-SH) nutzen bereits die Plattform der GMSH für Ausschreibungen.

Als größte öffentlich ausschreibende Stelle in Schleswig-Holstein führt die Gebäudemanagement Schleswig-Holstein AöR (GMSH) jährlich etwa 3.000 Vergabeverfahren mit einem Auftragsvolumen von mehr als 600 Millionen Euro durch. Ihr Ziel ist es, sukzessive bis 2021 zu erreichen, dass alle Vergabeverfahren ausschließlich papierlos und über die e-Vergabe durchgeführt werden.

„Wir begrüßen diesen Schritt der GMSH und werden unsere Betriebe dahingehend unterstützen, dass sie fit werden für diese Art der Ausschreibung. Aber die öffentliche Hand hat hier insgesamt enormes Nachholpotenzial. Uns schwebt in diesem Sinne schon das digitale Genehmigungsverfahren vor“, sagt Puls.

Für weitere Belange rund um die Digitalisierung steht der Verband mit seinem Werkzeugkasten, dessen Erstversion zur NordBau auf der Webseite des Baugewerbeverbandes präsentiert wird (www.bau-sh.de), aber auch mit persönlichen Ansprechpartnern für seine Mitgliedsbetriebe bereit.

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