Page 18 - Bau Aktuell - April 2018
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Reformierte Entsenderichtlinie vorgestellt
Baugewerbe geht auf die BARRIKADEN
Die Änderung der bereits seit dem Jahre 1996 bestehenden Entsenderichtlinie ist bisher noch nicht abschließend beschlossen
worden. Am 28. Februar 2018 hat jedoch die Europäische Kommission ihren Vorschlag zur Überarbeitung der Entsenderichtlinie vorge- stellt und will sie bis Ende Juni zur Abstim- mung in das Europäische Parlament bringen.
Statt dem entsprechend geltenden gesetz- lichen Mindestlohn sollen der Tari ohn der
Welches ist das Kernstück der vorgeschla- genen Änderungen?
KANDAOUROFF: In dem nun vorliegen- den Ergebnis vom 28. Februar 2018 wird u.a. darauf hingewiesen, dass zukünftig der Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“ gelten soll. Damit sollen entsandte Arbeitnehmer ab dem ersten Tag von den gleichen Regelungen pro tieren wie einheimische Arbeitnehmer. Zu diesem Zweck sollen nicht nur die Mindestlohnsät- ze auf entsandte Arbeitnehmer Anwendung  nden, sondern die gesamte Entlohnung auf- grund allgemeinverbindlicher Tarifverträge. Die Mitgliedsstaaten sollen hierbei die Option haben, zur Bestimmung der anwendbaren Entlohnungsbedingungen andere repräsen- tative, aber nicht allgemeinverbindliche Tarif- verträge heranzuziehen.
Welche Folgen haben die unterschiedli- chen Sozialabgaben?
KANDAOUROFF: Der ZDB befürwortet es sehr, dass entsandte Arbeitnehmer zu den gleichen Lohnkosten auf deutschen Baustel- len arbeiten wie die heimischen Facharbeiter. Dies ist derzeit jedoch nicht gewährleistet. Aktuell unterliegt ein entsandter Arbeitneh- mer bis zu 24 Monaten dem Sozialversiche- rungsrecht seines Herkunftslandes.
Branche gezahlt werden, auch Ansprüche auf Urlaubs-, Weihnachts- oder Schlecht- wettergeld können geltend gemacht wer- den. Zwar ist stärkere Lohngerechtigkeit für Arbeitnehmer und weniger Konkurrenz das Ziel der Änderungen, aber die Sozialabga- ben sollen auch nach dem Inkrafttreten der Reform weiterhin in den Herkunftsländern fällig werden und die liegen zumeist unter den deutschen.
Damit muss ein Arbeitgeber weiterhin die im Herkunftsland geltenden Sozialabgaben zah- len, auch wenn er seinen Arbeitnehmer in ein anderes EU-Land entsendet. Diese Abgaben können je nach Herkunftsland massiv variie- ren und damit auch viel niedriger sein als in dem Land, in dem der Arbeitnehmer vorüber- gehend seine Arbeitsleistung erbringt. Damit kann der Stundenverrechnungssatz für einen Facharbeiter aus dem europäischen Ausland erheblich geringer ausfallen als bei einem heimischen Facharbeiter.
Warum geht das Baugewerbe gegen die geplante Regelung auf die Barrikaden?
KANDAOUROFF: Mit der Entsenderichtlinie aus dem Jahre 1996 und dem darauf ba-
Der ZDB lehnt den Vorschlag mit der Be- gründung ab, dass die von der Europäischen Kommission unterbreiteten Vorschläge kei- neswegs zu einer besseren Bekämpfung von Sozialdumping in der Europäischen Union führen werden. Vielmehr sei zu befürchten, dass die Vorschriften zu mehr Rechtsunsi- cherheiten führen und auf diese Weise die Durchsetzung von Mindestarbeitsbedingun- gen erschwert werden.
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sierenden Arbeitnehmer-Entsendegesetz wurde seinerzeit ein richtiger und ausrei- chender rechtlicher Rahmen geschaffen um unfairen Wettbewerb zu verhindern. Aus un- serer Sicht ist keine inhaltliche Neuregelung der geltenden Entsenderichtlinie notwendig. Vielmehr müssten die bereits bestehenden Regelungen in der Praxis auch umgesetzt und entsprechend kontrolliert werden. Denn leider müssen wir nach all den Jahren heute noch feststellen, dass versucht wird, die be- stehenden Regelungen durch Schwarzarbeit zu umgehen.
Diese Situation wird sich aber nicht durch eine inhaltliche Änderung der Richtlinie ver- bessern. Ein Schwerpunkt muss vielmehr darin liegen, dass die Arbeits- und Beschäf- tigungsbedingungen im Aufnahmestaat auch effektiv kontrolliert werden. Hier besteht immer noch ein Manko, da die Finanzkont- rolle Schwarzarbeit kaum in der Lage ist die Einhaltung der Mindestlohnbestimmungen  ächendeckend zu kontrollieren. Es fehlt an genügend Personal. Sollte nun das Verhand- lungsergebnis vom 28. Februar 2018 tat- sächlich umgesetzt werden, würde dies die Situation weiter verschärfen, da die Finanz- kontrolle Schwarzarbeit dann ggf. auch die Einhaltung weiterer Vergütungsbestandteile wie z. B. von Nacht-, Sonn- und Feiertagszu- schlägen kontrollieren müsste.    BA
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BAUAKTUELL  Baugewerbeverband Schleswig-Holstein  April 2018


















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