Page 13 - Bau Aktuell - August 2019
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  NORDBAU SCHLESWIG-HOLSTEIN INNUNGEN VERBAND MEISTERHAFT
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   BAU AKTUELL 3 2019 / Baugewerbeverband Schleswig-Holstein
  Die Bauwirtschaft auf ihrem Weg in die digitale Zukunft
Beitrag von Felix Pakleppa,
Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe
 Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Digi- talisieren, nur weil es „hipp“ ist, wird nicht von Erfolg gekrönt sein; dennoch ist die Bauwirtschaft auf dem Weg zur Digitalisie- rung weiter, als viele meinen.
Wo steht das Baugewerbe heute bei der Di- gitalisierung?
Die Bauunternehmer sind mit ihrer Aus- stattung in der digitalen Welt angekommen. Alle nutzen ein Smartphone, über 50 % nut- zen bereits Tablets für ihre Arbeit. Und: Die Bauunternehmer verrichten immer mehr Anteile ihrer Arbeit auf mobilen Geräten.
In fast allen Bauunternehmen wird Soft- ware für Kalkulation, Ausführungsplanung und Abrechnung eingesetzt. Apps erleich- tern das Bestellen von Material oder geben Tipps für die Montage. Fotodokumentatio- nen verbessern die Kommunikation mit den Kunden und geben auch Rechtssicherheit. Mobile Zeiterfassung auf der Baustelle er- spart eine Menge Zeit für Lohnbuchhaltung und Controlling.
Viele Unternehmen nutzen schon ein Do- kumentenmanagementsystem sowie eine digitale Bauakte. Die verschiedenen Mit- arbeiter eines Projekts kommunizieren in Chatrooms oder Projekträumen; Gerätema- nagement und Personaleinsatzplanung werden durch Software unterstützt. Die meisten dieser Instrumente sind IT-Anwen-
dungen, die die Abläufe innerhalb des Un- ternehmens effizienter machen.
Dazu kommt noch „plattformbasiertes Arbei- ten“ von verschiedenen Unternehmen, die an einem Projekt beteiligt sind, wie es z.B. bei Building Information Modeling (BIM) der Fall ist. Letzteres, also BIM, gehört heute noch nicht zum Standard im Bauprozess, denn noch wird es auch zu wenig nachgefragt.
Für eine breitere Implementierung digi- taler Anwendungen in den Unternehmen sind die Rahmenbedingungen in Deutsch- land derzeit so, wie es nötig wäre. Zunächst einmal fehlt ein bundesweit lückenloses, leistungsfähiges Breitbandnetz. Darüber hi- naus brauchen wir standardisierte Schnitt- stellen, z. B. für die Zusammenarbeit in ei- nem BIM-Projekt, wenn die Beteiligten die Modelldaten zwischen Architektensoftware, TGA-Planungssoftware und Bausoftware austauschen wollen. Wir brauchen bun- desweit einheitliche Richtlinien, Standards und Musterverträge, damit sich die Unter- nehmen auf die digitalen Anforderungen einstellen und sich die Investitionskosten in IT und Qualifikation auch amortisieren kön- nen. Denn für ein Bauunternehmen sollten sich Abläufe und Technologie nicht ändern, je nachdem, ob es mit BIM eine Schule für Kommune A oder für Kommune B baut oder ob es im Hoch- oder Tiefbau tätig ist. Darü- ber hinaus muss geklärt werden, wer was
mit den Daten tun darf und wer wofür haftet: Wem gehören z.B. die Bauwerksdaten, dem Bauherrn, dem Architekten oder dem Bau- unternehmen?
„Wir können uns die Zukunft schlecht vor- stellen, weil wir von den Rahmenbedingun- gen von heute denken.“ Dieser Satz des Zukunftsforschers Georg T. Roos beschreibt die Gefühlslage vieler, wenn sie über Digita- lisierung nachdenken.
Trotz schwieriger Rahmenbedingungen und offener Fragen sollten Bauunternehmen nicht nach der Vogel-Strauß-Methode ver- fahren und den Kopf in den Sand stecken, sondern sich intensiv mit der Digitalisierung im eigenen Unternehmen auseinanderset- zen. Gerade die Verbände bieten viele Fort- bildungs- und Beratungsangebote, aber auch ein Messebesuch wie z.B. auf der bevorste- henden NordBau und der digitalBau 2020 in Köln können helfen. Im Rahmen der Digi- talisierungsoffensive der Bundesregierung sind verschiedene Kompetenzzentren einge- richtet worden, so z.B. für das Baugewerbe das „Schaufenster Digitales Bauen“ mit den Standorten in Krefeld und Feuchtwangen.
Die Digitalisierung der Bauwirtschaft be- trifft am Ende nicht nur Geschäftsprozesse, Planung und Bauausführung, sondern auch Baustoffe und Bauteile. Zu den Eigenschaf- ten von Baustoffen und Bauteilen werden Vernetzbarkeit und Kommunikationsfähig- keit zählen.
Von Unternehmern wird zukünftig erwartet, dass sie ihre Kunden, die Bauherren ent- sprechend beraten können. Und die Verbän- de sind gefordert, ihre Mitglieder auf ihrem Weg in die oder in der digitalen Zukunft zu begleiten.
Die Digitalisierung darf aber nicht dazu genutzt werden, gute und leistungsfähige Unternehmen vom Markt zu drängen. Die Bauwirtschaft ist in Deutschland mittel- ständisch aufgestellt; es ist Aufgabe nicht zuletzt der Politik, den Mittelstand auf dem Weg in die digitale Zukunft mitzunehmen.
  Foto: © ZDB/Tobias Koch














































































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