Page 7 - Bau Aktuell - August 2017
P. 7

Schleswig-holsteinische Baubetriebe in Konkurrenz zu schwarzen Schafen
MEHR MASSNAHMEN
zur Bekämpfung von Schwarzarbeit nötig
In Deutschland geht die Schwarzarbeit zurück. Dieser Effekt wird allerdings im Baubereich durch die gegenläufige Ent- wicklung der Scheinselbstständigkeit wie- der überholt. Hier richtet die Schattenwirt- schaft einen enormen Schaden an.
Die Schwarzarbeit ist in Deutschland in den vergangenen Jahren etwas gesun- ken, aber sie bleibt ein großes Problem,
denn jeder zehnte Euro wird an Fiskus und Sozialversicherungen vorbei verdient. Zu Recht vermutet man in der boomen- den Bauwirtschaft den höchsten Anteil der Schattenwirtschaft. Deshalb hat die Bun- desvereinigung Bauwirtschaft (BVB) den Ex- perten auf diesem Gebiet, Prof. Dr. Friedrich Schneider von der Universität Linz, beauf- tragt, die Schattenwirtschaft im Baubereich näher zu analysieren und zu quantifizieren.
Dessen Studie kommt zu dem Ergebnis, dass von den rund 340 Mrd. Euro im vergangenen Jahr etwa 130 Mrd. Euro auf das Baugewer- be entfielen. Das sind ca. 27 %. Davon wa- ren 35 % dem Bauhauptgewerbe, 44 % dem Ausbaugewerbe und 21% allgemeinen Re- paraturen zuzuordnen. Die Zahlen beruhen auf einem Schätzverfahren, bei denen die Entwicklung von Indikatoren, die Einfluss auf die Schwarzarbeit haben, beobachtet wird. Zu diesen Indikatoren gehören die Einkom-
200 Zöllner prüfen Großbaustelle in Berlin
menssteuer, indirekte Steuern und Abgaben, aber auch die Arbeitslosigkeit, das Wachs- tum der Wirtschaft und der Bargeldumlauf.
„Unsere Betriebe, die die Tariflöhne zah- len, müssen mit Betrieben konkurrieren, die sich nicht an die Spielregeln halten. Wir fordern immer wieder: gleiche Arbeit, glei- ches Geld“, sagt Georg Schareck, Hauptge- schäftsführer des Baugewerbeverbandes Schleswig-Holstein.
Zu schaffen mache der Branche auch die Scheinselbständigkeit. „Unsere legal ar- beitenden Betriebe mit ihren gut ausgebil- deten und qualifizierten Fachkräften sind im Wettbewerb gegen Einzelunternehmer oder scheinbar Selbstständige aus zulas- sungsfreien Bereichen oder anderen EU- Mitgliedssaaten nur eingeschränkt kon- kurrenzfähig“, so Schareck. Sie geraten in einen Unterbietungswettlauf mit diesen und das ist sehr problematisch, wenn sich die Konjunktur abschwächt. Dann können reguläre Betriebe beim Kampf um Aufträge ins Hintertreffen geraten.
In Schleswig-Holstein haben die Haupt- zollämter Kiel und Itzehoe im vergange- nen Jahr durch die Finanzkontrollen bei rund 1.220 Arbeitgebern Schäden durch Schwarzarbeit von mehr als 13 Mio. Euro
aufgedeckt. Im Land besteht eine intensi- ve Zusammenarbeit zwischen Zoll und den nach Landesrecht zuständigen Behörden bei der Schwarzarbeitsbekämpfung.
„Wir schließen uns bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit den Forderungen aus der Studie von Prof. Schneider an“, sagt Scha- reck. Man plädiere für eine befristete Rück- vergütung der Mehrwertsteuer bei arbeits- intensiven Dienstleistungen im gesamten Baubereich, eine Beibehaltung der steuer- lichen Absetzbarkeit von Investitionen im Baubereich und eine weitere Senkung der Lohnnebenkosten.
„Wir appellieren auch an Bauherren, sich genau anzuschauen, mit wem sie bauen. Denn Unwissenheit schützt vor Strafe nicht, so haben die Obergerichte gerade in jüngs- ter Vergangenheit eindrucksvoll geurteilt“, sagt Schareck.
Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen an schwarze Schafe sollte durch stärkere Kon- trolle der Tarifeinhaltung im Bau gewähr- leistet werden. Auch sollte man kommunale Auftraggeber wie private oder gewerbliche Bauherren sanktionieren. Etwa indem bei grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Ver- stößen 1% des Auftragsvolumens fällig wird.
 BA
7
BAUAKTUELL  Baugewerbeverband Schleswig-Holstein  August 2017
Foto: Hauptzollamt Berlin


































































































   5   6   7   8   9