Page 25 - Bau Aktuell - August 2020
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  selbst hervor. Für Schäden durch normale Witterungsereignisse, mit denen wegen der Jahreszeit und der örtlichen Verhältnisse ge- rechnet werden muss, wird ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen keine Entschä- digung durch die Bauleistungsversicherung geleistet.
Ungewöhnliche und außergewöhnliche Wetterlagen
Die zweite Gruppe bilden die „ungewöhnli- chen“, die dritte Gruppe die „außergewöhn- lichen Wetterlagen“. Ungewöhnlich sind Witterungseinflüsse, mit denen bei Einhal- tung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt normalerweise nicht zu rechnen ist. Von ei- nem außergewöhnlichen Witterungseinfluss spricht man, wenn das Ausmaß derart groß ist, dass es den Tatbestand der „höheren Ge- walt“ erfüllt. Schäden durch ungewöhnliche Witterungseinflüsse sind stets versichert, solche durch außergewöhnliche fakultativ nach ABU und stets nach ABN. Die Abgren- zung dieser drei Gruppen untereinander wird in der Praxis durch eine Auskunft von Wetter- diensten ermöglicht.
Regulierungspraxis der Bauleistungsver- sicherer
Auf Anfrage erhalten die Versicherer die höchsten gemessenen Windgeschwindigkeiten oder größten Niederschlagsmengen am Scha- dentag und dazu als Vergleich die Werte in den betreffenden Monaten der letzten zehn Jahre. Ist der schadenauslösende Wetterzustand in zehn Jahren viermal oder häufiger – im statistischen Mittel also alle 2 1/2 Jahre oder kürzer – aufgetreten, wird man ihn als normal bezeichnen können. Ist er nur zwei bis dreimal eingetreten, wird man ihn als ungewöhnlich klassifizieren können (die ge- naue Klassifizierung ist allerdings streitig). Bei der Ermittlung des außergewöhnlichen Witterungseinflusses werden die Werte der vorausgegangenen 20 Jahre zum Vergleich herangezogen. Nur entsprechende Spitzen- werte stellen dabei ein unabwendbares Er- eignis dar, das nicht zu verhüten ist und des- sen Folgen trotz zumutbarer Maßnahmen nicht unschädlich gemacht werden können.
Zumutbar sind Maßnahmen dann, wenn ihre Kosten in einem vernünftigen Verhältnis zum möglichen Erfolg stehen. Dabei sind regio- nale Wettersymptome in die Bewertung mit einzubeziehen. Insbesondere an den Küsten
der Nord- und Ostsee. Ein zu errichten- des Bauvorhaben auf einer Nordseeinsel oder Hallig unterliegt höheren Anforderun- gen bzgl. der Sicherungsmaßnahmen als ein vergleichbares Bauvorhaben auf dem Festland außerhalb der Küstenlinie.
Höhere Gewalt und Risikosphäre nach § 7 VOB/B
Der Begriff „höhere Gewalt“ ist durch den Gesetzgeber nicht definiert.
Im Zusammenhang mit meteorologischen Fragen gilt: „Höhere Gewalt ist ein außer- gewöhnliches Ereignis, das unter den ge- gebenen Umständen auch durch äußerste, nach Lage der Sache vom Betroffenen zu erwartenden Sorgfalt nicht verhindert wer- den kann.“(BGH, Urteil vom 23.22.1961 - VII ZR 251/60)
Ein Wetterdienst kann nicht entscheiden, ob ein ungewöhnlicher oder ein außergewöhn- licher Witterungseinfluss bzw. höhere Ge- walt vorliegt. Er liefert auf Anfrage im Scha- denfall nur Aussagen über die Häufigkeit bestimmter meteorologischer Ereignisse aufgrund von langjährigen Messungen. Aus dem Grad der Abweichung einer aktuellen meteorologischen Situation von der durch- schnittlichen können Versicherungen und Baufirmen in der überwiegenden Mehrzahl aller Fälle die Ersatzpflicht zweifelsfrei be- stimmen. Eine meteorologische Studie des Gesamtverbandes der Deutschen Versiche- rungswirtschaft e.V. (GDV) vom 25.11.2019 aus den Erhebungsjahren 2002 bis 2017 hat ergeben, dass in dieser Zeit in Schles- wig-Holstein 368 Starkregenereignisse dokumentiert wurden. Dabei waren insbe- sondere der Kreis Rendsburg-Eckernförde,
Kiel und Neumünster von Starkregenereig- nissen betroffen.
In der Praxis erfolgt eine interessenge- rechte Regulierung seitens der Versicherer. Wichtig ist beim Risikomanagement dar- auf zu achten, dass beide Interessenlagen des Auftraggebers und die des Auftrag- nehmers in der Bauleistungsversicherung Berücksichtigung finden (BGH, Urteil vom 06.07.2000 – VII ZR 73/00). Andernfalls könnte im Schadenfall durch die Regelung des § 7 VOB/B eine empfindliche Versiche- rungslücke entstehen.
Vor dem Hintergrund des stetigen Klima- wandels ist jedoch zukünftig immer öfter mit einer Verschiebung in Richtung Leis- tungsfreiheit z.B. bei Starkregenereignis- sen zu rechnen. Daher werden verbesserte Schutzmaßnahmen, insbesondere in ar- beitsfreien Zeiten sowie bei bestimmten Bauzuständenfür Bauunternehmen unter Berücksichtigung der Risikoverteilung nach § 7 VOB/B an Relevanz gewinnen.
Der Bauspezialmakler PANTAENIUS trägt den stetig steigenden Herausforderungen des Klimawandels mit einem eigenen Bau- leistungskonzept Rechnung.
PANTAENIUS Versicherungsmakler GmbH
Fachbereich Bau
Hamburg, Kiel, Düsseldorf, München www.pantaenius.eu/bauwirtschaft
    Gastbeitrag
Autor
RA Marcel Brockmann PANTAENIUS
  BAU AKTUELL 3 2020 / Die Bauwirtschaft im Norden
           










































































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