Page 7 - Bau Aktuell - Mai 2021
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  ROHSTOFFE-SPEZIAL WIRTSCHAFT PARTNER LANDESPOLITIK FACHBEREICH + BETRIEBE
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    BAU AKTUELL 2 2021 / Die Bauwirtschaft im Norden
  Gehen uns die Rohstoffe zum Bauen aus?
 Interviews mit Experten aus der Bau- und Mineralstoffbranche
Fragen an B. Rainer Brings, Geschäftsfüh- rung (CEO) Thomas Beton GmbH
Bau aktuell: Woher beziehen Sie überwie- gend Rohstoffe wie Sand, Kies, Splitt?
Brings: Transportbeton ist ein regionales Produkt und wird über stationäre Misch- anlagen und Fahrmischer in einem Radius von etwa 35 km um die Produktionsstätten vertrieben. Vornehmlich werden Rohstoffe, Sand und grobe Gesteinskörnungen (Kies) ökonomisch wie ökologisch aus nahegele- genen Rohstoffquellen bezogen. Für beson- dere Anwendungsgebiete wie den Brücken- bau werden Edelsplitte aus Steinbrüchen in Mitteldeutschland oder Norwegen und Schottland per Bahn, Binnen- oder Seeschiff bezogen. Ausnahmen stellen weiterhin aus Nord- und Ostsee gewonnene Seekiese dar.
Bau aktuell: Gibt es genug Material aus der Region?
Brings: Obwohl das Unternehmen zwei ei- gene Sand- und Kieswerke betreibt, kann der unternehmenseigene Bedarf nur zu ei- nem Bruchteil gedeckt werden, weil selbst in Schleswig-Holstein die Entfernungen zu den einzelnen Abnahmestellen zu groß sind, um eine Belieferung just in time und wirtschaftlich darzustellen. Wir sollten
Fragen an Jan Christian Janßen, Geschäfts- führung (Geschäftsstelle Kiel) vero - Ver- band der Bau- und Rohstoffindustrie e.V.
Bau aktuell: Gibt es einen Mangel an Roh- stoffen und ist es derzeit schwierig, an Ge- nehmigungen zu kommen?
Janßen: Mineralische Rohstoffe wie Sand, Kies und auch Natursteine sind flächenge- bunden. Im Vergleich zu anderen Nutzun- gen, wie Windkraft, Ackerbau, Wohn- und Gewerbebebauung, ist die Bau- und Roh- stoffindustrie hier deutlich im Nachteil, da ein Ausweichen in andere Regionen geolo- gisch meist nicht möglich ist. Vielerorts sind Rohstoffvorkommen überplant und damit für die Unternehmen der Steine-und-Erden- Industrie nicht verfügbar, da die Vorkommen
glücklich und stolz auf die nachhaltige Bau- konjunktur in Schleswig-Holstein sein und unser aller Ziel muss es bleiben, die Wert- schöpfung so weit als möglich im eigenen Bundesland zu belassen.
Bau aktuell: Macht sich die zum Teil herr- schende Rohstoffknappheit bei Ihnen in den Betonwerken bemerkbar?
Brings: Absolut, insbesondere die grobe Gesteinskörnung ist knapp und viele Liefe- ranten gestehen akute Engpässe, die dann – unter Inkaufnahme sehr hoher Fracht- entfernungen – anderweitig gedeckt wer- den müssen. Wir haben fast täglich solche Fälle, wo wir ad hoc entsprechend reagieren müssen, um die Betonproduktion aufrecht zu erhalten. Da werden wirtschaftliche und logistische Klimmzüge gemacht (...).
Bau aktuell: Ist die Baustellenversorgung langfristig gewährleistet oder gibt es be- reits Baustellenstopp?
Brings: Als Transportbetonhersteller ver- stehen wir uns als verlässlicher Dienstleis- ter. Daher bemühen wir uns, den Kunden von der Rohstoffknappheit nichts spüren zu lassen und nehmen Ersatzbeschaffungen vor, um eine gewünschte Belieferung zu ge- währleisten. Einen Baustellenstopp hat es
unter bestehender Bebauung oder anderen Flächennutzungen liegen. Wenn eine orts- nahe Versorgung durch bereits abgebaute Rohstoffflächen oder noch nicht geneh- migte Flächen nicht möglich ist, muss das Baumaterial über große Strecken aus den Nachbar-Bundesländern herangefahren werden. Lange Transportwege sind nicht nur unwirtschaftlich, sie wirken sich auch nega- tiv auf die CO2-Bilanz aus. Insgesamt gibt es in Schleswig-Holstein keinen Mangel an Rohstoffen, sehr wohl aber einen Mangel an
aus diesen Gründen bisher nicht gegeben, wohl aber eine notwendige Verschiebung der Belieferung über einige Tage.
Bau aktuell: Was unternehmen Sie, wenn es materialmäßig eng wird?
Brings: Das war eine wesentliche Entschei- dung für den Erwerb des Kieswerkes Vier- husen in der Gemeinde Belau, im Landkreis Plön. Im Jahr 2019 haben wir uns mit un- serer Tochtergesellschaft Thomas Sand und Kies hierzu entschieden, weil einer unserer bedeutenden regionalen Lieferanten für Sand- und Kies täglich Fehlmengen gemel- det hat und wir Ersatzbeschaffungen über weite Entfernungen vornehmen mussten. Dabei haben wir den Sitz der Tochtergesell- schaft auch von Mecklenburg-Vorpommern nach Schleswig-Holstein verlegt. Wir woll- ten unabhängiger werden und für Notbe- schaffungen gerüstet sein. Aber, wir werden diesen Lieferanten die Stange halten (...).
Bau aktuell: Herr Brings, wir danken für das Interview.
Genehmigungen. In Betrieben zur Produkti- on von Gesteinskörnungen sind die Kapazi- täten weitgehend ausgereizt. Erweiterungen oder neue Flächen werden trotz jahrelanger Verfahren nicht ohne Weiteres genehmigt.
Bau aktuell: Was würde sich die Bau- und Rohstoffindustrie wünschen?
Janßen: Es werden mehr qualifizierte Fach- kräfte in den Genehmigungsbehörden be- nötigt, um mit den komplexen Anforderun- gen von Genehmigungsprozessen Schritt halten zu können. Genehmigungsverfahren müssen deutlich effizienter werden und die Bearbeitungszeiten der Verfahren kürzer.
Bau aktuell: Herr Janßen, wir danken für das Interview.
              Quelle: vero
Quelle: Thomas Beton GmbH






































































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