Page 7 - Bau Aktuell - Mai 2022
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   se Neubauförderung und Förderung der Bestandssanierung intelligent verzahnt ermöglicht werden. Nach wie vor beruhen KfW-Standards auf dem Energieverbrauch, auch die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) hält an der Betrachtungs- logik fest. „Selbst ‚Nullenergiehäuser’ oder ‚Plusenergiehäuser’ können also mit kli- maschädlichen Materialien und Bauweisen hergestellt sein“, so die Bundestiftung Bau- kultur 2021 in ihrer aktuellen Studie „Mit Freude sanieren“.
Allerdings hat die Bundesregierung unter dem Eindruck des Putinschen Krieges die Energiepolitik und mit ihr Energieeinspa- rungen und Effizienzsteigerungen, auch im Gebäudebereich, noch einmal in den Fokus genommen. Im Maßnahmenpaket des Bun- des zum Koalitionsausschuss vom 23. März heißt es: „Wir werden die Fördersätze des Bundesprogrammes für effiziente Gebäude (BEG) weiterentwickeln, indem diese konse- quent an den Treibhausgas-Emissionen pro Quadratmeter Wohnfläche sowie Lebenszy- kluskosten bemessen werden. Wir prüfen zudem, in welcher Form das Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude in der Neubauförde- rung Berücksichtigung finden kann“ (siehe auch Seite 21).
Zu starke Einengungen planerischer Ent- scheidungen beim Bauen könnten den Effekt haben, dass sich Bauherren eher dagegen entscheiden. Überregulierungen
könnten die ambitionierten Zielvorgaben zur CO2-Reduktion aushebeln, auch in dem Sinne, dass eine praxisorientierte Evaluie- rung zumeist fehlt und praxiserprobte Me- thoden nicht zum Zuge kommen. Dadurch werden Innovationen behindert. Insofern sind ein praxisorientierter Ansatz unter Ein- beziehung der Baubetriebe sowie ein bau- stoff- und technologieoffener Ansatz unter Betrachtung einzelner Umsetzungen in der Baupraxis gangbare Wege.
Denn Rohstoffe und Baumaterialien wie Holz oder mineralische Baustoffe, aber auch Dämmmaterialien oder Metalle, ha- ben jeweils einen eigenen ökologischen Fußabdruck, der ihre Eignung für ein nach- haltiges Gebäude maßgeblich beeinflusst. Sie haben aber auch – das sollte beachtet werden – bauphysikalische Anforderungen zu gewährleisten und sind durch weitere Parameter, wie Beständigkeit oder Wider- stand gegen Witterung, bestimmt. Es muss bei ihrem Einsatz immer eine ganzheitliche Betrachtung auf Gebäudeebene stattfinden. Und dabei geht es nicht nur um den Neubau, sondern auch um die Sanierung, Umnut- zung und Ertüchtigungen im Bestand.
Nicht nur jeder Baustoff weist in Abhän- gigkeit von Rohstoffeinsatz, Herstellungs- prozess, thermischer und anderer Eigen- schaften im Gebäude, Recyclebarkeit oder EntsorgungseinespezifischenEigenheiten auf, auch die Bauweisen bestimmen die Nachhaltigkeit mit. Ob Leicht-, Holz- oder
Massivbau oder die Bauverfahren von klas- sisch über modular bis seriell: Jede Bau- weise hat ihre eigene Ökobilanz. Für die Bewertung auf Bauwerkseben sollte die bestmögliche Erfüllung der Nachhaltig- keitskriterien ausschlaggebend sein, pos- tuliert auch die Klimarunde Bau, der nam- hafte Verbände angehören. Die Auswahl für Baustoffe und Bauweisen müsse sich daran orientieren und dürfe keinen Wettbewerbs- beschränkungen durch gesetzliche Vorga- ben unterliegen.
In der Planungsphase wird bereits der Grundstein für die Bauweise und die Bauart gelegt und damit für die Nachhaltigkeit. Das mittelständische Bauunternehmen, das bei der Bauausführung zum Zuge kommt, ist als regionaler Anbieter, der mit heimischen Baustoffen arbeitet, ebenfalls Teil der nach- haltigen Wertschöpfungskette. Auch sein qualitativ hochwertiges Arbeiten hat Ein- fluss auf die Lebensdauer des Gebäudes. Im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit nach Auftragslage bis hin zu Facharbeitermangel und Weiterqualifizierung brauchen die Be- triebe allerdings Übergangsfristen, um die ambitionierten Nachhaltigkeitsziele im Ge- bäudesektor umsetzen zu können.
NACHHALTIGKEIT-SPEZIAL I BAUWIRTSCHAFT PARTNER NACHHALTIGKEIT-SPEZIAL II FACHBEREICH + BETRIEBE 7
 Autorin
M.A. phil. Hilke Ohrt Pressesprecherin presse@bau-sh.de
      Energieverbrauch senken und Energieeffizienz steigern
Bundesregierung beschließt Maßnahmenpaket
Ein Umdenken in Bezug auf fossile Brenn- stoffe gab es bereits wegen des Klimas. Durch den Krieg Putins gegen die Ukraine muss die Energiepolitik der EU und auch die in Deutschland noch einmal neu gedacht werden. Bei Redaktionsschluss nach mehr als einem Monat Krieg sind die Folgen für die Wirtschaft und für die Bauwirtschaft in energetischer Sicht bereits zu spüren und werden möglicherweise gravierender.
Während der Bundeswirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck unter anderem im Nahen Osten unterwegs war,
Energieeffizienz im Gebäude umsetzen
   BAU AKTUELL
2 2022 /
Die Bauwirtschaft im Norden
 Quelle: Bild von Antoine Belverge auf Pixabay
Foto: Pat Scheidemann














































































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