Page 9 - Bau Aktuell - Mai 2022
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   Im Auftrag des Verbändebündnis Woh- nungsbau hat die Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen ARGE die Studie „Woh-
nungsbau: Die Zukunft des Bestandes“ erstellt und am 17. Februar dieses Jahres beim Wohnungsbau-Tag in Berlin präsen- tiert. Inhalt ist die Bewertung des Wohnge- bäudebestands, seiner Potenziale, Moderni- sierungs- und Anpassungsfähigkeit. „Es ist von großer Bedeutung, sich Klarheit über den technischen und nutzungsspezifischen Zustand des Gebäudebestands sowie über die Möglichkeiten seiner Anpassung, sei- nes Grenznutzens, seiner Potenziale und die ökonomischen Größenordnungen von komplexen Sanierungs- und Transforma- tionsstrategien zu verschaffen“, so ARGE- Geschäftsführer Dietmar Walberg.
Denn neben der Zielsetzung der Regie- rung, neuen Wohnraum (400.00 Wohnungen jährlich, davon 100.000 Sozialwohnungen) zu bauen, gibt es ein großes Volumen im Gebäudebestand. Bis 2040 könnten allein durch Aufstockung, Nachverdichtung oder Umnutzung von Nichtwohngebäuden ohne
neue Flächenversiegelung 4,34 Mio. zusätz- liche Wohnungen entstehen. Durch eine in- tensivierte Anpassung des Bestands könn- ten laut Studie etwa 4,1 Mio. zeitgemäße Wohnungen entstehen.
Neben klimageschuldeten Modernisierun- gen stehen solche zu altersgerechten bezie- hungsweise weitgehend barrierefreien Um- bauten. Hier liegt der Bedarf bis 2040 bei 3,2 Mio., also 170.000 jährlich. Aus technischer oder wirtschaftlicher Sicht ist besonders in diesem Segment zuweilen ein Bestandser- satz erforderlich.
Eine Hauptaufgabe in den kommenden Jahren wird die energetische Sanierung im Bestand sein. Hier schlägt die Studie einen geringeren Energieeffizienzstandard als im Neubau vor. Sie skizziert ein wahrscheinlich eintretendes Szenario. Bei diesem beträgt die Sanierungsrate bis 2045 durchschnitt- lich 1,8 Prozent, die Sanierungstiefe führt im Durchschnitt zu einem Effizienzhaus 115. Das sich daraus ergebende Investiti- onsvolumen beträgt zwischen 110 und 150
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Hier sieht die Studie unter anderem Poten-
NACHHALTIGKEIT-SPEZIAL I BAUWIRTSCHAFT PARTNER NACHHALTIGKEIT-SPEZIAL II FACHBEREICH + BETRIEBE 9
Wohnungsbau: Die Zukunft des Bestandes
Aktuelle Studie zur Bewertung des Gebäudebestandes in Deutschland
Im Hinblick auf Klimaneutralität, demographischen Wandel und gesellschaftliche Verän- derungen steht der Wohnungsmarkt vor bemerkenswerten Herausforderungen. Vor allem beim klimaneutralen, seniorenfreundlichen und sozialen Wohnen gibt es viel zu tun. Die neue Studie der ARGE sieht großes Potenzial in der bestehenden Gebäudesubstanz. Das fordert hohe Investitionen und hat Beschäftigungseffekte auf die Bauwirtschaft. Dieser Einschätzung schließt sich die Bauwirtschaft im Norden an.
Mrd. Euro pro Jahr, bis 2045 insgesamt 2,6 bis 3,6 Bill. Euro.
Neben den anerkannten Regeln der Technik wird hier ebenfalls das wirtschaftlich Mach- bare berücksichtigt. Eine weitere Optimie- rung muss nicht nur unter Gesichtspunkten der Energieeffizienz, sondern auch unter denen der CO -Einsparungen stattfinden.
   Der Wohnungsbestand hat großes Potenzial
ziale klimaschutz-relevanter Einsparungen im Quartier und in der Betrachtung des baulichen Zusammenhangs der Gebäude.
Mit den Möglichkeiten, die Bestandsgebäu- de bieten, sollten steuerliche Anreizsyste- me und Förderbedingungen einhergehen. Zudem brauchen Planer und Bauunterneh- men verlässliche Rahmenbedingungen. Die Studie beurteilt zudem die Beschäftigungs- effekte der Klimawende auf die Bauwirt- schaft und die Planungskapazitäten: „An- gesichts der wachsenden Komplexität der künftigen Modernisierungstiefe im Gebäu- debestand ist auch von einem erheblichen Anwachsen planerischer Anteile bei Moder- nisierungsvorhaben auszugehen.“
Für die anstehenden Bauaufgaben im Wohngebäudebestand würde eine erheb- liche Tätigkeitsverlagerung im und in das Baugewerbe erfolgen. „In der Bauwirt- schaft selbst bedeutet es eine massive Verlagerung von der Neubautätigkeit zum Bestand“, so die Studie. Um Kapazitäten aufzubauen, brauche es eine langfristige Beschäftigungsinitiative in Baugewerbe und Bauindustrie sowie einen Ausbau der Ausbildungskapazitäten für Planungs- und Bauberufe an den Hochschulen.
Die Studie:
Dietmar Walberg, Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e.V. (Hg.) Wohnungsbau: Die Zukunft des Bestan- des, Bauforschungsbericht Nr. 82 Studie zum 13. Wohnungsbautag 2022. Kiel, 17. Februar 2022
Redaktion BAU AKTUELL
 BAU AKTUELL
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Die Bauwirtschaft im Norden
 Quelle: Alina Kuptsova auf Pixabay









































































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